„Selten allein“ – Kunst lässt Betroffene sichtbar werden
Anders als es die Bezeichnung vermuten lässt, ist die Zahl der an einer Seltenen Erkrankung leidenden Menschen recht hoch. Immerhin jeder 20. und damit rund vier Millionen Menschen in Deutschland sind davon betroffen. Der Grund: Es gibt mehr als 6.000 verschiedene Erkrankungen, darunter etwa Mukoviszidose, die als selten bezeichnet werden, weil nicht mehr als fünf von 10.000 Menschen daran erkranken. Etwa 80 Prozent der Seltenen Erkrankungen sind genetisch bedingt oder mitbedingt, selten sind sie heilbar. Der Diagnose gehen oft Jahre der Ungewissheit voraus, was für die Betroffenen psychisch sehr belastend ist.
Um Menschen flächendeckend und unabhängig vom Krankheitsbild zu versorgen, bedarf es deshalb weiterer Anstrengungen. Dazu wurden vor allem an den deutschen Uniklinika in den vergangenen Jahren entsprechende Zentrumsstrukturen aufgebaut und bundesweite Netzwerke geschaffen. Die Universitären Zentren für Seltene Erkrankungen sind auf diese Patientinnen und Patienten spezialisiert und deshalb wichtiger Anlaufpunkt. Auch das Dresdner Uniklinikum hat frühzeitig die Initiative ergriffen und im November 2014 das UniversitätsCentrum für Seltene Erkrankungen (USE) gegründet. Als sogenanntes A-Zentrum nach den Empfehlungen des Nationalen Aktionsplans für Menschen mit Seltenen Erkrankungen (NAMSE) erfüllt das USE koordinierende und krankheitsübergreifende Aufgaben und ist zuständig für unklare Krankheitsfälle. „Entscheidend für den Erfolg unserer Arbeit in dem Zentrum ist das Zusammenwirken vieler Expertinnen und Experten in interdisziplinären Fallkonferenzen, wie es nur in einer solchen Struktur vorgehalten werden kann“, sagt Prof. Reinhard Berner, Sprecher des USE und Direktor der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin.
Seit Anfang 2022 werden mindestens einmal wöchentlich multidisziplinäre Fallkonferenzen durchgeführt, in denen Ärztinnen und Ärzte verschiedenster Disziplinen Patientinnen und Patienten mit Verdacht auf eine Seltene Erkrankung bei bisher unklarer Diagnose vorstellen und diese mit anderen Expertinnen und Experten bewerten. Lässt sich in diesem Expertengremium keine Diagnose stellen, aber das Vorliegen einer genetisch bedingten Erkrankung erscheint wahrscheinlich, besteht die Möglichkeit der erweiterten genetischen Diagnostik. Allein im vergangenen Jahr haben die Expertinnen und Experten insgesamt 819 Fälle diskutiert, wobei bei 359 Patientinnen und Patienten eine genetische Diagnostik mittels genomweiter Exom-Sequenzierung zur Diagnosefindung durchgeführt wurde. „In insgesamt über 35 Prozent der Patientinnen und Patienten konnte eine Diagnose gesichert oder eine potenziell krankheitsverursachende Veränderung in einem Gen gefunden werden. Die Diagnosesicherung ist gerade bei Seltenen Erkrankungen die Voraussetzung für zielgerichtete Therapien, auch wenn diese heute noch nicht immer zur Verfügung stehen. Das ist ein großer Erfolg der bundesweiten Initiative, die dem Nationalen Aktionsplan für Menschen mit Seltenen Erkrankungen (NAMSE) folgt und zu einer deutlichen Ausweitung zielführender genetischer Diagnostik beigetragen hat“, sagt Prof. Reinhard Berner.
Neben dieser medizinischen Expertise setzt sich das Team auch für eine verstärkte Vernetzung von Akteuren auf dem Gebiet ein. Ein Wunsch eint dabei alle: Die Betroffenen sollen mit ihren Leiden sichtbar werden, das Verständnis für sie sowie in eine intensivere Erforschung von Seltenen Erkrankungen gestärkt werden. Die bundesweite Aktion „Selten Allein – Unsere Kunst macht anderen Mut“ ist ein Ergebnis der Bemühungen. 2022 war die Ausstellung erstmals zu sehen. Initiiert wurde sie gemeinsam von dem USE, der Allianz Chronischer Seltener Erkrankungen (ACHSE e.V.), den Deutschen Einkaufsbahnhöfen und der Agentur Ketchum. 2024 sind elf Kunstwerke in den Hauptbahnhöfen Berlin, Dresden, Freiburg, Lübeck und Mainz zu sehen. Zusätzlich stellt das Uniklinikum die Bilder im Universitäts Kinder- und Frauenzentrum (Haus 21) aus. Die begleitende Website gibt Informationen zu Anlaufstellen und Betroffenenorganisationen und hält weitere Bilder von Patientinnen und Patienten bereit. Ebenfalls sind ab 29. Februar Aufsteller mit den Bildern im Universitäts Kinder-Frauenzentrum (Haus 21) ausgestellt. Zusammen mit den Bildern wird den Besucherinnen und Besuchern jeweils eine kurze Selbstauskunft zu den Künstlerinnen und Künstlern und ihrer Krankheit und ein QR-Code geboten. Darüber ist die Website www.seltenallein.de verlinkt, wo sich Informationen zu Seltenen Erkrankungen finden. Zudem sensibilisiert die Seite Besuchende für das Thema und bietet direkt oder indirekt Betroffenen die Gelegenheit, sich zu vernetzen.
Darum soll es auch beim Kino-Tag des USE am 2. März im Programmkino Ost in Dresden gehen. Neben sechs Kurzfilmen rund um das Thema Seltene Erkrankungen, die an diesem Tag zu sehen sind, findet dort ab 10 Uhr auch eine Podiumsdiskussion statt. Betroffene, Angehörige und Interessierte können sich mit ihren Fragen an die anwesenden Expertinnen und Experten wenden. Unter anderem freuen sich Prof. Reinhard Berner, Sprecher des USE und Direktor der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin, Oberärztin Dr. Amalia-Mihaela Hanßke, Fachärztin für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, Vertreterinnen und Vertreter der Deutschen Gesellschaft für Muskelkranke e.V., Patientenorganisation für angeborene Immundefekte (dsai e.V.) und der ACHSE e.V. auf die Besuchenden. Der Eintritt ist frei.
Kontakte für Medienschaffende
Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden
Klinik für Kinder- und Jugendmedizin
UniversitätsCentrum für Seltene Erkrankungen (USE)
Sprecher: Prof. Dr. med. Reinhard Berner
Telefon: 0351 458 24 40 (Sekretariat)
E-Mail: kik-direktion
Zentrum für Klinische Genommedizin am USE
Sprecherin: Prof. Dr. med. Evelin Schröck
Tel.: 0351 458 15136 (Sekretariat)
E-Mail: klinische.genetik@ukdd.de
Allianz Chronischer Seltener Erkrankungen – ACHSE e.V.
Pressesprecherin: Bianca Paslak-Leptien
Tel.: 030 330 07 08 26
Mobil: 0151 1800 17 27
E-Mail: Bianca.Paslak-Leptien@achse-online.de