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Milben-Allergie: Studien sind bester Therapieform auf der SpurDr. Bettina Hauswald, Allergie-Spezialistin der Klinik für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde.
12. August 2016

Milben-Allergie: Studien sind bester Therapieform auf der Spur

Spritze versus Tablette – Klinikumsärzte prüfen Wirksamkeit von zwei Spielarten der Immuntherapie gegen allergische Reaktionen

In zwei weltweiten Studien wird zurzeit die Wirksamkeit unterschiedlicher Verabreichungsformen immuntherapeutischer Medikamente gegen Milben-Allergie überprüft. An den wissenschaftlichen Tests beteiligt sich auch das Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden. Im Mittelpunkt der Untersuchungen, für die die Klinik für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde als Mitglied des Dresdner Universitäts AllergieCentrums noch Probanden sucht, stehen zwei Formen der Medikamentengabe. Zum einen ist dies die seit 100 Jahren praktizierte Injektion minimaler, langsam gesteigerter Dosen der die Allergie auslösenden Substanzen. Eine zweite Studie überprüft die tägliche Gabe desselben Wirkstoffes in einer Tablette, die sich unter der Zunge auflöst. Diese erst seit fünf Jahren für Heuschnupfen angebotene Methode der Sublingualen Immuntherapie (SLIT) wird nun wissenschaftlich für andere Formen der Allergie – so auch die von Milben ausgelöste – überprüft, um weitere Erkenntnisse zur optimalen Darreichung und Dosis zu gewinnen.

Sie sind ungebetene, aber auch unsichtbare Gäste in jeder Wohnung: Hausstaubmilben. Die winzigen Tiere sind oft zu Tausenden in einem Gramm Staub zu finden und ernähren sich von Hautschuppen. Jeder Mensch verliert davon pro Tag etwa 1,5 Gramm und liefert so Nahrung für anderthalb Millionen Milben. Besonders stark vermehren sich die winzigen Spinnentiere in warmer, feuchter Umgebung – am liebsten in einem regelmäßig genutzten Bett. Deshalb treten die Symptome der Milbenallergie vor allem in der Nachtruhe oder nach dem Aufstehen auf. Bei Doris Wagner waren es Nießattacken, die ihr den Schlaf raubten. Etwa ein bis zwei Mal pro Woche wurde die Dresdnerin davon heimgesucht. Sie brauchte zwei bis drei Stunden, um wieder zur Ruhe zu kommen. Folge des nächtlichen Stresses waren von Müdigkeit geprägte Tage. Hinzu kamen morgendliche, einem Schnupfen ähnelnde Symptome. Deshalb ging die 72-Jährige davon aus, dass sie sich eine hartnäckige Erkältung eingehandelt habe.

Nachdem sie der vermeintliche Schnupfen über Monate quälte, sprach sie das Problem gegenüber Dr. Bettina Hauswald an. Bei der Allergie-Spezialistin der Klinik für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde des Dresdner Uniklinikums war sie wegen ihres Heuschnupfens in Behandlung. Dass Doris Wagner allergische Reaktionen auf Milben zeigte, war bei einem früheren Test festgestellt worden. Doch längere Zeit reagierte der Körper nicht auf die winzigen Spinnentiere. Deshalb wurde der einfache Hauttest wiederholt und fiel positiv aus. Mit diesem Wissen und dem ärztlichen Rat kaufte die heute 72-Jährige allergendichtes Bettzeug für sich und ihren Mann. Zudem verwendet sie seitdem im Schlafzimmer einen Spray, der die Milben tötet. Allein dadurch verringerten sich die allergischen Reaktionen deutlich. Doch um die längerfristig symptomfrei leben zu können, empfahl ihr Dr. Hauswald eine Hyposensibilisierung. Vier Jahre lang bis Ende Juli 2016 erhielt sie alle sechs Wochen eine Spritze mit einer geringen Dosis der die Milbenallergie auslösenden Substanz. Mit gutem Erfolg: „Ich bin nun gegen die Milben gewappnet“, sagt Doris Wagner. Denn sie ist heute dank der Hyposensibilisierung sowie der Spezialbettwäsche und dem Einsatz des Milbensprays langfristig symptomfrei und kann problemlos durchschlafen.

„Das Beispiel von Frau Wagner wiederlegt die oft zu hörende Meinung, dass die Hyposensibilisierung bei älteren Patienten nicht mehr funktioniert“, freut sich Dr. Hauswald mit der 72-Jährigen. Mit der Entscheidung für die Spritzentherapie ging die Allergie-Expertin auf die sichere Seite. Denn noch wird die Wirksamkeit der Alternative – täglich unter die Zunge gelegte Tabletten mit den allergenen Substanzen der Hausstaubmilbe – in wissenschaftlichen Studien überprüft. Mit dieser Studie setzen das Universitäts AllergieCentrum und die HNO-Klinik ihre Engagements fort, die Wirksamkeit von Immuntherapien wissenschaftlich zu überprüfen. So waren die HNO-Spezialistinnen Dr. Bettina Hauswald und Dr.  Mandy Cuevas deutschlandweit mit die ersten, die 2013 im Rahmen einer Studie erstmals die Wirksamkeit einer Tablette gegen Hausstaubmilben-Allergien überprüften. Vorteil dieser sogenannten sublingualen Immuntherapie (SLIT) ist der Wegfall der aufwändigeren Spritzentherapie, die mit deutlich häufigeren und längeren Arztbesuchen verbunden ist. Denn die Spritzen dürfen nur vom Arzt gesetzt werden und der Patient muss nach der Injektion eine halbe Stunde in der Praxis bleiben. Dank der SLIT sinkt die Zahl der notwendigen Arztbesuche erheblich, da die Patienten die Tablette zu Hause einnehmen können und nur zu wenigen Kontrolluntersuchungen zum Allergologen müssen.

Was ist eine Hyposensibilisierung?
Das Prinzip der Allergietherapie ist es, den Körper langsam an die Substanzen zu gewöhnen, die bei den Patienten die unnötigen Abwehrreaktionen etwa gegen Pollen oder den Kot der Hausstaubmilben auslösen. In den aktuellen Studien der HNO-Klinik geht es darum, die Wirksamkeit der unterschiedlichen Formen dieser gezielten Gaben von Allergie auslösenden Substanzen genau zu kontrollieren. Zwar gibt es diese immunspezifische Therapie bereits seit 100 Jahren, doch sie war sehr lange nur für Heuschnupfenpatienten (Pollenallergiker) verfügbar. Zudem wurden die allergenen Substanzen bis vor wenigen Jahren ausschließlich unter die Haut gespritzt. Um die Belastungen und Risiken einer solchen Spritzenkur zu minimieren, entwickelten Forscher eine Therapie, bei der Tropfen unter die Zunge gegeben werden. Daraus entstand schließlich die noch besser handhabbare Tablettentherapie – das innovative Medikament wird unter die Zunge gelegt und gibt dort den Wirkstoff ab.

Vorteile der Studien: umfassende Tests und kostenlose Medikamente
Bevor ein Allergie-Patient in die von der HNO-Klinik angebotenen Studien aufgenommen wird, erfolgen umfassende Untersuchungen durch die Allergologen des Uniklinikums. Weiterer Vorteil einer Studienteilnahme ist, dass die Probanden während der Behandlung kostenlos mit Medikamenten gegen die Allergie-Symptome versorgt werden.

Milbenalarm: Morgendliche Attacken im warmen Bett
Die Hausstauballergie ist auf dem Vormarsch: Experten zufolge lösen winzige Milben im Staub heute bereits jede vierte Allergie in Deutschland aus. Mehr als jeder zehnte Bundesbürger ist betroffen. Mit Hilfe verschiedener Allergietestverfahren lässt sich die Diagnose mittlerweile recht zuverlässig stellen. Wässriger Schnupfen, geschwollene Nasenschleimhäute und tränende Augen gelten als typische Anzeichen auch dieser Allergie. Sie tritt verstärkt ab dem Herbst, wenn sich mit Beginn der Heizperiode der Kot der Milben besonders gut in der Raumluft verbreitet.

Werden die allergischen Beschwerden nachts oder in den frühen Morgenstunden schlimmer, ist das ein deutlicher Hinweis für das Vorliegen einer Hausstauballergie. Sie kann sich zum Dauerhusten oder sogar bis hin zum Asthma verstärken. Aber die Betroffenen können einiges tun, um sich zu schützen. Sind die Allergieauslöser identifiziert, gilt es, sie so gut wie es geht aus dem Alltag zu verbannen. Ehe allerdings das gesamte Leben und besonders die Wohnung komplett geändert werden, sollte die Diagnose eindeutig gestellt sein.

Tipps für Hausstauballergiker
Diese Maßnahmen machen den Milben das Leben schwer:

  • Wohnräume häufig lüften, das senkt die Luftfeuchtigkeit
  • Schlafraum „milbenfeindlich“ gestalten:
  • Allergendichtes Bettzeug nutzen
  • auf Federn- und Daunenfüllungen der Kissen und Bettdecken verzichten
  • Bettwäsche alle 14 Tage wechseln, mindestens bei 60° C heiß waschen
  • Regelmäßig Sprays gegen Milben verwenden
  • Staubfänger wie Teppiche, schwere Vorhänge, offene Kleiderregale, Plüschtiere entfernen
  • Schlafraum wenig oder gar nicht heizen, kühl bei 15 bis 18° C halten, Luftfeuchtigkeit maximal 50 Prozent
  • Matratzen im Schnee ausklopfen
  • Keine Tiere und keine Topfpflanzen mit Erde in der Wohnung
  • Plüschtiere regelmäßig einfrieren
  • keine Raumbefeuchter oder Klimaanlagen nutzen

An den Studien können Patienten teilnehmen, die

  • zwischen 18 und 65 Jahre alt sind,
  • aufgrund von Hausstaubmilben seit einem Jahr regelmäßig unter Symptomen leiden

Kontakt für Patienten
Felix Silega, Franka Watzig
Telefon: 0351 458-3506
E-Mail: allergiestudien@uniklinikum-dresden.de

Kontakt für Journalisten
Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden
Universitäts AllergieCentrum
Klinik für Klinik für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde
Funktionsbereich Allergologie/Rhinologie
Dr. Bettina Hauswald
Tel.: 0351 458-4430
E-Mail: bettina.hauswald@uniklinikum-dresden.de
www.uniklinikum-dresden.de/uac