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#ALSbewegtuns – aktiv sein und Spenden für Betroffene sowie für ihre Angehörigen sammelnDas Team der Spezialambulanz für Motoneuronerkrankungen der Klinik für Neurologie. Foto: Uniklinikum Dresden / Thomas Albrecht
16. September 2021

#ALSbewegtuns – aktiv sein und Spenden für Betroffene sowie für ihre Angehörigen sammeln

Am Freitag startet digitaler Spendenlauf zugunsten des Ausbaus von Angeboten zur psychosozialen Unterstützung. Amyotrophe Lateralsklerose (ALS) und andere Motoneuronerkrankungen stehen im Mittelpunkt. Betroffene und Angehörige finden in Gesprächskreisen Halt und Unterstützung in dieser Ausnahmesituation.

Unter dem Hashtag #ALSbewegtuns rufen die Spezialambulanz für Motoneuronerkrankungen der Klinik für Neurologie des Universitätsklinikums Carl Gustav Carus Dresden sowie Betroffene und deren Angehörige zu einer Benefiz-Aktion auf. Die Initiierenden der Aktion bitten darum, im Zeitraum vom 17. September bis 17. Oktober 2021 körperlich aktiv zu werden, die dabei zurückgelegten Strecken zu regis­ trieren und für jeden Kilometer einen selbst festgelegten Betrag zu spenden. Die Art der Bewegung ist den Teilnehmenden selbst überlassen: laufend zu Fuß, schwimmend, skatend oder fahrend, egal ob im Rollstuhl, auf dem Fahrrad oder im Boot. Mit den eingehenden Spenden wird die psychologische Begleitung der an ALS Erkrankten, ihrer Familien und ihnen Nahestehenden am Uniklinikum finanziert. Diese Form der psychosozialen Unterstützung ist für die Betroffenen und ihre unmittelbaren Bezugspersonen eine bedeutsame Stütze, gehört jedoch nicht zur regulären und damit krankenkassenfinanzierten Versorgung. Der Spendenlauf soll eine solche professionelle Begleitung in der Spezialambulanz der Neurologischen Klinik am Uniklinikum Dresden weiterhin ermöglichen und ausbauen. Selbstverständlich kann auch ohne sportliche Aktivitäten unter als-spendenlauf.de gespendet werden.

„ALS, diese drei Buchstaben, erfüllen die Betroffenen und ihre Angehörigen mit gewaltiger Angst und Sorge“, sagt Dr. René Günther, Leiter der Spezialambulanz für Motoneuronerkrankungen der Klinik für Neurologie. „Angst und Sorge über das, was ihnen unvermeidbar bevorsteht: die Unfähigkeit sich zu bewegen, zu sprechen, sich selbst zu versorgen und demnach der Verlust Ihrer Selbstständigkeit, Teilhabe am Leben und scheinbar all dem, was ihr Leben erfüllt und lebenswert macht.“ Die Diagnose Amyotrophe Lateralsklerose bedeutet für die Betroffenen eine fortschreitende Lähmung des gesamten Körpers einschließlich des Sprechens und Atmens. Eine tödliche, unheilbare Erkrankung, die das Leben und alle Zukunftspläne der Patientinnen und Patienten, aber auch ihrer Angehörigen von einem Tag auf den anderen über den Haufen wirft, sie überfordert und in Angst und Trauer zurücklässt.

„Doch nicht nur die Erkrankten selbst, sondern auch ihre Angehörigen belastet ALS immens und erschüttert ihr Leben in den Grundfesten. Zugleich sind diese Menschen die wichtigste Stütze für die Patientinnen und Patienten. Sie leisten jeden Tag die körperlich und emotional anspruchsvolle Pflege und Unterstützung und stellen ihre eigene Gesundheit und ihre Bedürfnisse hinter dieser Fürsorge zurück“, sagt Elisa Aust, Psychologin an der Spezialambulanz. Deshalb spielt neben der medizinischen Versorgung die psychosoziale und psychologische Unterstützung von Patientinnen und Patienten, ihren Familien und weiteren nahestehenden Personen eine entscheidende Rolle für das übergeordnete Ziel der Versorgung: „Es geht vor allem darum, die Lebensqualität, das Wohlbefinden und größtmögliche Autonomie zu wahren – trotz der schweren Einschränkungen und der ernsten Prognose“, sagt Prof. Heinz Reichmann, Direktor der Klinik für Neurologie am Dresdner Uniklinikum. „Deshalb ist es so wichtig, das Angebot einer psychosozialen Versorgung zu stärken. Ich hoffe deshalb auf viele Menschen, die den Spendenlauf und damit unser Anliegen unterstützen!“

Zu den Initiierenden des Laufs gehört auch die Familie Günther aus Dresden. „Die psychosoziale Betreuung bestärkt uns darin, die Freude am Leben und nicht das erwartbare Leid durch die Krankheit in den Vordergrund zu rücken“, sagt die Ehefrau des am Dresdner Uniklinikum betreuten ALS-Patienten. Die gesamte Familie war von Anfang an von der Idee fasziniert, sportliche Aktivitäten mit einer konkreten Spendenaktion zu verbinden. Die Initialzündung kam von Tochter Raphaela. Sie wollte etwas gegen die Skepsis unternehmen, die ihre Eltern gegenüber dem Extremsport ihres Bruders Timon hegen: Er läuft Ultramarathons – das sind Wettkämpfe über Distanzen jenseits der 42,195 Kilometer. Werden bei solchen Rennen aber auch bei privaten Touren für jeden gelaufenen Kilometer ein oder zwei Euro gespendet, lässt sich die anvisierte Spendensumme von 25.000 Euro sicher erreichen. Jedenfalls ist Timon Günther bereits in Vorleistung gegangen. Er startete vergangenes Wochenende bei den „100 Miles of Istria“ und kam nach 27 Stunden, 3 Minuten und 42 Sekunden ins Ziel. Dabei bewältigte er 168,4 Kilometer und 6.730 Höhenmeter.

Die Menschen mit der Erkrankung nicht allein zu lassen, ist ein wichtiges Anliegen der psychosozialen Angebote der Spezialambulanz. Neben Einzelgesprächen ist auch der Austausch von Angehörigen ganz wichtig. Sie können sich gegenseitig mit Tipps unterstützen, voneinander lernen und Bestätigung finden. Das ist in den Fällen umso wichtiger, in denen die ALS sehr schnell voranschreitet. Eine Ehefrau sagt: „Die ALS hat uns überfahren“. Sie vergleicht den Krankheitsverlauf mit einem Wettlauf. Zunächst reichte es, in der Wohnung alle Teppiche und Stolperstellen zu beseitigen. Doch bald kam der Antrag für einen Rollator und schnell auch die Verordnung eines Rollstuhls. Dann folgten die Stützen an der Toilette und Dusche. Diese Hilfsmittel kamen nach den Bearbeitungszeiten sehr oft zu spät – zu einem Zeitpunkt, an dem die nächste Stufe notwendig geworden war. Trotz dieser schnellen Abfolge blieb Zeit für gemeinsame positive Erlebnisse. Und doch viel zu wenig, um sich auf den unausweichlich nahen Tod einzustellen. Deshalb bedarf es auch psychosozialer Angebote für die Hinterbliebenen.

Obwohl der hohe Stellenwert einer unkompliziert und schnell zugänglichen psychologischen Begleitung für die Betroffenen bekannt ist, fehlt sie in den aktuellen Versorgungsstrukturen. Dies liegt vor allem darin, dass diese Leistungen durch die Krankenkassen nicht finanziert werden. Um diesen unhaltbaren Zustand entgegenzuwirken, gründete die Spezialambulanz für Motoneuronerkrankungen am Uniklinikum Dresden vor drei Jahren in Eigeninitiative eine psychologisch begleitete Angehörigengruppe zum Gedankenaustausch und Unterstützung. „Wir haben in der Versorgung immer wieder erlebt, dass die Angehörigen sowohl emotional, als auch organisatorisch durch die Herausforderungen der Erkrankung überfordert sind. Die damals initiierten Angehörigentreffen waren eine erste Antwort auf dieses Problem. Heute möchten wir diese Betreuung entsprechend des großen Bedarfs mithilfe des Spendenlaufs aufrechtherhalten und wesentlich erweitern – auch für die Patientinnen und Patienten selbst“ sagt Dr. Katharina Linse, die als Psychologin an der Spezialambulanz gemeinsam mit Elisa Aust die Angehörigengruppen leitet.

Weitere Informationen und Registrierung
https://als-spendenlauf.de/

Video-Aufruf des ALS-Patienten Thomas Günther
https://als-spendenlauf.de/wp-content/uploads/2021/09/ALS-Spendenlauf-2021.m4v

Kontakte für Medienschaffende
Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden
Klinik und Poliklinik für Neurologie
Spezialambulanz und Arbeitsgruppe für Motoneuronerkrankungen
Leiter: Dr. med. René Günther
Wissenschaftliche Mitarbeiterinnen: Elisa Aust, Dr. Katharina Linse
Telefon: 0351 458 44 63
E-Mail: als.spendenlauf@ukdd.de
https://www.uniklinikum-dresden.de/neu
https://als-dd.de/