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Im Klinikum beginnt das Rohrpost-ZeitalterWilfried Winzer, Kaufmännischer Vorstand des Uniklinikums mit einer Rohrposthülse. Zur Premiere wurden die aktuellen Dresdner Tageszeitungen innerhalb des Chirurgischen Zentrums versandt. Foto: Uniklinikum/Ulrich Lippke
28. September 2018

Im Klinikum beginnt das Rohrpost-Zeitalter

Mit Aufnahme des Stations-Betriebs in Haus 32 kommen Gewebe- und Blutproben automatisch ins Labor / Zweite Ausbaustufe schließt weitere Gebäude sowie Apotheke ein

Das Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden übernimmt am heutigen Freitag (28. September) mit der ersten Ausbaustufe der Rohrpostanlage ein neues wie zuverlässiges Transportsystem. Vor allem Gewebe- und Blutproben erreichen so in nur wenigen Minuten ihre Empfänger innerhalb des neuen Operationszentrums (Haus 32) oder den Instituten für Pathologie sowie für Klinische Chemie und Labormedizin. Die bisher von Boten übernommenen Transporte werden damit schneller und unkomplizierter. Langfristig ist der Anschluss aller an der Krankenversorgung beteiligten Gebäude an das als ringförmiges Netzwerk angelegte Rohrpostsystem geplant. Dazu gehört auch die Klinikapotheke an der Pfotenhauerstraße. Im Zuge einer europaweiten Ausschreibung hat die Aerocom GmbH & Co den Zuschlag für den Bau dieser Infrastruktur erhalten. Die erste Ausbaustufe der Anlage mit einer Länge von mehr als vier Kilometern und 18 Stationen nehmen Wilfried Winzer, Kaufmännischer Vorstand sowie den beteiligten Firmen nun gemeinsam in Betrieb.

Mit dem Einzug der ersten Stationen in Haus 32 – Starttermin ist voraussichtlich im Dezember dieses Jahres – werden Transporte von Untersuchungsmaterialien innerhalb einer zehn-Minuten-Frist beim Empfänger ankommen. Der Versand von Gewebe- und Blutproben sowie weiteren Körperflüssigkeiten erfolgt durch eine hochmoderne Rohrpostanlage. Dank einer Computersteuerung erreicht das Transportgut sein Ziel vollautomatisch und auf schnellstem Weg. Dieser Zeitgewinn kommt unmittelbar den Patienten zugute. Ein Beispiel sind Krebsoperationen: Wenn Chirurgen sichergehen wollen, dass sie das bösartige Gewebe vollständig herausoperiert haben, lassen sie Proben im Labor durch spezialisierte Pathologen untersuchen. Bisher werden diese Gewebeproben von klinikumseigenen Kurieren zu Fuß, mit dem Fahrrad oder dem Auto vom OP in das an der Schubertstraße gelegene Institut für Pathologie gebracht. Mit dem zusätzlichen Aufwand, den Kurier zu bestellen, ihm die Probe zu übergeben und dies zu dokumentieren, summiert sich die Transportzeit durchschnittlich auf 20 Minuten pro Probe. Mit einem Rohrpostsystem lässt sich diese Zeit auf maximal sechs Minuten reduzieren. Dadurch verkürzt sich beispielsweise die Dauer einer Tumor-OP, was den Patienten schont und den OP-Betrieb effizienter werden lässt. „Mit unserer Investition in das Rohrpostsystem schaffen wir den Sprung in eine neue Dimension der innerbetrieblichen Logistik. Dazu konnten wir den Weltmarktführer auf dem Gebiet der Rohrpost verpflichten, der das Klinikum mit einem leistungs- wie auch ausbaufähigen System ausstattet, das den komplexen Anforderungen eines Universitätsklinikums gerecht wird“, sagt Wilfried Winzer.

Mit einer Rohrpostanlage historischer Prägung, deren Vorteile schon der auch als Versicherungsangestellter tätige Schriftsteller Franz Kafka in den 20er Jahren schätzte – auch um Liebesbriefe an seine Freundin Milena zu schicken – haben die neuen Anlagen kaum noch etwas zu tun. Zwar sorgen Unter- oder Überdruck auch heute dafür, dass die Transportbehälter ihre Empfänger erreichen. Doch damit enden die Parallelen zu früheren Systemen: Dank modernster Elektronik und Informationstechnologie lässt sich Rohrpost heute optimal in komplexen Logistikprozessen einsetzen. Beim ersten im Uniklinikum realisierten Bauabschnitt verfügt die Rohrpostanlage nun über 19 Stationen – von der chirurgischen Notaufnahme, den beiden Etagen mit den OP-Sälen, den verschiedenen Pflegestationen bis zu den Instituten für Pathologie sowie für Klinische Chemie und Labormedizin. Im weiteren Ausbau des Systems werden ein Teil der Pflegestationen der Kliniken des Klinikums sowie mehrere Institute und die an der Pfotenhauerstraße gelegene Klinik­apotheke an die Rohrpost angeschlossen. In den bereits installierten Trassen wurden nach einem Gesamtkonzept alle Rohrleitungsstrecken der späteren Endausbaustufe bereits jetzt gebaut. Auf diese Weise werden später jeden Tag bis zu 6.000 Sendungen vollautomatisch auf die Reise über den Klinikums-Campus geschickt. Damit ist die Rohrpostanlage der Hochschulmedizin Dresden eines der weltweit größten Systeme dieser Art.

Mikroprozessoren sorgen dafür, dass die Transportbehälter ohne zeitraubende Staus ans Ziel kommen. Dank eines Chips ist jeder Behälter sowie die gewählte Empfangsstation jederzeit identifizierbar. So findet das System den schnellsten Transportweg, der aufgrund zeitgleich laufender Transporte nicht immer der kürzeste ist. Die Basis dafür bildet neben der Computersteuerung ein ringförmiges Netzwerk aus Röhren – nicht selten sind es zwei oder drei nebeneinander –, dass ein Maximum an Variabilität sichert. Die Anlagensteuerung ermöglicht auch einen abgesicherten Transport mit personalisierter Identifikation von Sender und Empfänger.

Anders als im vergangenen Jahrhundert geht es bei den heutigen Systemen nicht mehr um den Versand von Dokumenten – denn allerspätestens mit dem Internet gehört diese Form der Kommunikation der Vergangenheit an. Doch beim Transport von Proben aber auch von Blutkonserven und Medikamenten hat die Rohrpost eine Nische erobert, für die es keine wirkliche Alternative gibt. Die Anlagensteuerung kann die Büchsen sanft beschleunigen beziehungsweise sanft abbremsen. Damit lässt sich sicherstellen, dass die Proben in unverfälscht ihr Ziel erreichen.

In Dresdner Uniklinikum kommt auch erstmals eine automatische Entladestation für die Transportbüchsen zum Einsatz. Die hierfür geplante Station wurde als Prototyp vom Universitätsklinikum Leipzig auf seine Leistungsfähigkeit getestet. So war es möglich, durch entsprechende Tests und weitergehende Entwicklungsarbeit die geforderten Parameter noch vor dem Einsatz in Dresdner Uniklinikum abzusichern.

Weitere Informationen
www.uniklinikum-dresden.de

http://www.aerocom.de/de/produkte/funktionsprinzip/animationen

Kontakt
Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden
Kaufmännischer Vorstand
Wilfried Winzer
Tel.: 0351 458-70 00
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