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PTEN-Hamartom-Tumorsyndrom

Das PTEN-Hamartom-Tumorsyndrom (PHTS) (Häufigkeit ca. 1:200.000) ist eine komplexe Multisystemerkrankung, die zu gastrointestinalen Polypen, einem variablen Spektrum an weiteren Auffälligkeiten, sowie verschiedenen gut- und bösartiger Tumoren (Hamartome, Karzinome) führen kann. PHTS-Betroffene zeigen in der Regel nur einen Teil der möglichen Krankheitsausprägungen. Die große Variabilität spiegelt sich auch in verschiedenen (historischen) Bezeichnungen für bestimmte Unterformen des PHTS, wie Bannayan-Riley-Ruvalcaba-, Cowden-, oder Lhermitte-Duclos-Syndrom, wieder.

Zu den sehr häufigen Auffälligkeiten bei PHTS zählen ein großer Kopfumfang (Makrozephalie), zum Teil nur dezente Veränderungen an Haut und Schleimhäuten (Papillome, Trichilemmome, akrale und plantare Keratosen), primär gutartige Schilddrüsenknoten (Struma), Myome der Gebärmutter und Polypen im Magen-Darm-Trakt (hamartomatös, juvenil, oder adenomatös), welche selten entarten können. Seltener kommt es zu Gefäßfehlbildungen (Varizen, Malformationen) die am gesamten Körper und insbesondere im Gehirn auftreten und je nach Lage zu unterschiedlichen Beschwerden führen können. Ein Teil der PHTS-Betroffenen (ca. 10 - 20 %) zeigt eine variabel ausgeprägte Beeinträchtigung der geistigen Entwicklung, oder eine Autismusspektrumsstörung, die sich vor allem durch Probleme im Sozialverhalten und stereotype, repetitive Verhaltensmuster mit oder ohne Intelligenzminderung manifestieren kann.

Bei PHTS besteht ein sehr hohes Lebenszeitrisiko für die Entwicklung von bösartigen Tumoren, welche zwar im Mittel in einem jüngeren Alter als in der Allgemeinbevölkerung, aber nur äußerst selten im Kindesalter auftreten (s. Tabelle 1).

VERERBUNG

PHTS wird durch heterozygote (die mütterliche oder väterliche Genkopie betreffende) Mutationen im PTEN-Gen verursacht. PTEN kommt eine zentrale Rolle bei Zellteilung, Zellwachstum und -differenzierung zu, so dass der Funktionsverlust einerseits zu einer gesteigerten Tumorbildung und andererseits zu einer Störung der Hirnentwicklung führen kann.

Abbildung 1: PTEN reguliert ein großes Spektrum biologischer Funktionen.

Im Zytoplasma dephosphoryliert PTEN PIP3 zu PIP2 (s. Abb. 1), wodurch nachgelagerte Signalwege, die von der AKT / mTOR-Achse gesteuert werden, unterdrückt werden. Weiterhin beeinflusst PTEN die Zellmigration durch seine gegen FAK und SHC gerichtete Phosphatase Aktivität (Abb. 1). PTEN ist auch in die folgenden nukleären Prozesse involviert:

  • Aufrechterhaltung der genomischen Integrität,
  • Reparatur von DNA-Doppelstrangbrüchen,
  • Kontrolle der homologen Rekombination und
  • Förderung von Ubiquitin-abhängigem Abbau von Onkoproteinen wie PLK1 und AURK.

Darüber hinaus kontrolliert PTEN das Fortschreiten des Zellzyklus durch Modulation der ERK-Phosphorylierung und des Cyclin D1 Niveaus und reguliert den Chromatinumbau durch Bindung an Histon H1.

Die Genveränderung kann von einem Elternteil geerbt worden, oder neu entstanden (de-novo) sein. Das PHTS wird autosomal-dominant vererbt, sodass Mutationsträger*innen die krankheitsverursachende Veränderung geschlechtsunabhängig mit einer Wahrscheinlichkeit von 50% an alle Nachkommen weitergeben. In der Regel sind mit gleicher Wahrscheinlichkeit auch weitere erstgradige Angehörige (Geschwister, Eltern) von der Mutation betroffen. Weil nahezu jede*r Mutationsträger*in auch Krankheitssymptome zeigt, spricht man von kompletter Penetranz. Das Ausmaß der Symptome kann jedoch variieren. Sofern eine ursächliche Mutation gefunden wurde, besteht für alle blutsverwandten Angehörigen (Risikopersonen) die Möglichkeit einer prädiktiven (vorhersagenden) Testung im Kindesalter, bei der die Veränderung entweder nachgewiesen oder ausgeschlossen wird.

FRÜHERKENNUNG

Mutationsträger*innen und Risikopersonen, bei denen die ursächliche Genveränderung noch nicht ausgeschlossen wurde, wird die regelmäßige Teilnahme an einem engmaschigen Krebsfrüherkennungsprogramm und die interdisziplinäre Betreuung an einem Zentrum empfohlen. Die derzeit empfohlenen Maßnahmen für asymptomatische Betroffene sind in Tabelle 1 zusammengefasst.

Tabelle 1: Maßnahmen der Krebsfrüherkennung für asymptomatische Betroffene
Brustkrebs (Frauen)
  • regelmäßige Selbstuntersuchung ab dem 18. Lebensjahr
  • jährlich MRT der Brust ab dem 30. Lebensjahr*, zusätzlich 2-jährlich Mammographie ab 40. Lebensjahr) 
  • Beratung hinsichtlich risikoreduzierender Mastektomie
Schilddrüsenkrebs
  • Ultraschall der Schilddrüse jährlich ab Kindes- oder Jugendalter, spätestens 18. Lj.*
Nierenkrebs
  • Ultraschalluntersuchung der Nieren jährlich ab dem 40. Lebensjahr*
Darmkrebs
  • Koloskopie erstmalig ab dem 35-40. Lebensjahr*,
  • Wiederholung je nach Befund und familiärer Belastung, spätestens ab 50. Lebensjahr 
Gebärmutterschleimhautkrebs
  • gezielte Untersuchung bei Symptomen (bspw. unregelmäßige Blutung)
  • optional: transvaginale Sonographie und Gebärmutterschleimhautbiopsie mittels Pipelle ab dem 40.* Lebensjahr jährlich
  • optional: risikoreduzierende Hysterektomie als Einzelfallentscheidung  
Hautkrebs
  • Hautcheck durch Dermatologen 1- bis 2-jährlich ab Kindes- oder Jugendalter, spätestens 30. Lj.* 
Wegen des häufigen Auftretens von psychomotorischen Entwicklungsverzögerungen sollten Kinder von PHTS-Betroffenen möglichst frühzeitig und in regelmäßigen Abständen durch eine Entwicklungsdiagnostik an einem Sozialpädiatrischen Zentrum begleitet werden, um bei Auffälligkeiten zeitnah gezielte Fördermaßnahmen und ggf. ein Schädel-MRT zu initiieren.

 *bzw. 5 Jahre vor der frühesten familiären Erkrankung am relevanten Tumor

 (Quellen: Tischkowitz, M. et al. (2020) ‘Cancer Surveillance Guideline for individuals with PTEN hamartoma tumour syndrome’, European Journal of Human Genetics, pp. 1–7. doi: 10.1038/s41431-020-0651-7.; National Comprehensive Cancer Network (2021) Genetic / Familial High-Risk Assessment : Breast , Ovarian , and Pancreatic (Version 2.2021) [abgerufen am 13.04.2021 unter https://www.nccn.org/professionals/physician_gls/pdf/genetics_bop.pdf].; Deutschen, L. Der and Seel, W. (2019) ‘Diagnostik und Management von Patienten mit PTEN Hamartom Tumor Syndrom ( PHTS ) im Kindes- und Jugendalter’, pp. 1–22.)

LITERATUR / LEITFADEN / SELBSTHILFEGRUPPE

LITERTUR

PTEN-Hamartom-Tumorsyndrome. Yehia L, Eng C. GeneReviews

LEITFADEN

Cancer Surveillance Guideline for individuals with PTEN hamartoma tumour syndrome. Tischkowitz MColas C, Pouwels S, Hoogerbrugge NPHTS Guideline Development Group & The European Reference Network GENTURIS. European Journal of Human Genetics,  Vol. 28pages1387–1393 (2020)

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