Benutzerspezifische Werkzeuge

Syndromale Erkrankungen unklarer Ursache

Eine syndromale Erkrankung zeichnet sich durch das gleichzeitige Auftreten mehrerer klinischer Auffälligkeiten aus, welche schon bei Geburt vorhanden sind oder sich erst im Laufe der Kindheit/Jugend entwickeln können. Hierzu zählen Veränderungen in verschiedenen Organsystemen, wie zum Beispiel Fehlbildungen des Schädels, des Gesichts oder der Extremitäten, Funktionsstörungen oder Fehlbildungen von Organen, Kleinwuchs, Entwicklungsverzögerung u. a.

In den meisten Fällen sind syndromale Erkrankungen genetisch bedingt. Eine Aufklärung der genetischen Ursache steht für viele dieser Syndrome jedoch bis heute noch aus. Angeborene Syndrome sind häufig klinisch und genetisch sehr heterogen. Erkrankungen, die durch die gleiche genetische Veränderung verursacht werden, können klinisch sehr unterschiedlich ausgeprägt sein, und Syndrome mit unterschiedlicher Ursache können ein überlappendes Erscheinungsbild haben. Dies erschwert die genetische Diagnosestellung, wenn man mittels eines konventionellen Ansatzes zunächst nur ein einzelnes Gen oder nacheinander mehrere bekannte Krankheitsgene analysiert. Zudem lässt sich aufgrund unspezifischer oder überlappender Symptome bei vielen Patienten keine eindeutige klinische Zuordnung zu einem bekannten Syndrom vornehmen.

Viele angeborene Syndrome sind extrem selten, und man kennt ihre genaue genetische Ursache noch nicht. Die Abklärung solcher Erkrankungen ist einer der Forschungsschwerpunkte unseres Instituts. Wir nutzen die Techniken des Next Generation Sequencing und suchen mittels Exom- und Genomsequenzierung gleichzeitig in Tausenden von Genen oder sogar im gesamten Erbgut von Patienten und Patientinnen nach der ursächlichen Veränderung (Mutation).

Die gewonnenen Daten werden in unserem Institut für Klinische Genetik von Wissenschaftlern und klinischen Experten analysiert und interpretiert, um die mögliche genetische Ursache zu identifizieren und eine Diagnose stellen zu können. In funktionellen Experimenten überprüfen wir dann in unseren Forschungsgruppen, ob die Auswirkungen der gefundenen Mutationen auf zellulärer und molekularer Ebene das Krankheitsbild erklären können. So gelingt es uns zunehmend, unklare angeborene Erkrankungen auf Veränderungen in entweder schon beschriebenen Krankheitsgenen oder in Genen zurückzuführen, die bislang gar nicht als Krankheitsgene bekannt waren.

Eine Ursachenklärung führt in erster Linie dazu, dass eine Aussage über Prognose, Krankheitsverlauf und auch bezüglich eines Wiederholungsrisikos innerhalb der Familie getroffen werden kann, zudem können spezifische Vorsorgeuntersuchungen für die Patienten empfohlen werden. Bei einer stetig steigenden Anzahl genetischer Krankheitsbilder werden zunehmend spezifische Therapien entwickelt, die eine signifikante Verbesserung der Symptomatik bzw. des Krankheitsverlaufs bedeuten. Beispiele für entschlüsselte Krankheitsgene unseres Instituts sind zum Beispiel GRIA2 und EXOSC2.