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Molekulare Karyotypisierung

Molekulare Karyotypisierung

Submikroskopische Verluste und Zugewinne von Erbgut (DNA) können die Ursache einer genetischen Erkrankung darstellen. Häufig handelt es sich dabei um sogenannte Mikrodeletions- bzw. Mikroduplikationssyndrome. Einige dieser krankheitsauslösenden Veränderungen sind bereits seit Jahrzehnten bekannt. Lange Zeit erfolgte der Nachweis von Mikrodeletionssyndromen per FISH- Analyse (Fluoreszenz in situ Hybridisierung) nach klinischer Vermutung. 

Durch die Array-CGH (Array-based Comparative Genomic Hybridization; komparative genomische Hybridisierung) oder molekulare Karyotypisierung ist es nun möglich, das gesamte Erbgut (Genom) mit einer einzigen Analyse auf alle Mikrodeletions- und Mikroduplikationssyndrome hin zu untersuchen. Diese molekulargenetische Untersuchungsmethode beruht - ähnlich der FISH-Diagnostik - auf einer Hybridisierung. Kurze, zum Genom komplementäre DNA-Fragmente (Oligonukleotide; 40-60bp) liegen immobilisiert auf einer Matrix vor und fluoreszenzmarkierte Patienten- und Kontroll-DNA hybridisieren simultan. Vereinfacht ausgedrückt, bringt die Array-CGH-Diagnostik die Information von tausenden von FISH-Tests gleichzeitig. Durch diese vergleichende Hybridisierung können sehr kleine, submikroskopische Veränderungen (Deletionen, Duplikationen) beim Patienten nachgewiesen und durch den Einsatz spezieller Softwareprogramme die an den Veränderungen beteiligten Gene identifiziert werden.  In Verbindung mit der parallel durchzuführenden herkömmlichen Chromosomenanalyse bietet die Array-CGH die aktuell bestmögliche Information über den Chromosomenzustand. Somit können neben bekannten, krankheitsverursachenden Varianten auch bislang unbekannte Ursachen von Erkrankungen gefunden werden.

In erster Linie wird diese Untersuchung bei Patienten mit einer mentalen Retardierung und/oder Organfehlbildungen und Dysmorphieanzeichen durchgeführt. In Abbildung 1 ist eine Auswahl bekannte Deletionen (blau) oder Duplikationen (rot) verantwortlich für syndromale oder nicht syndromale geistige Entwicklungsstörungen dargestellt. Grundsätzlich ist die Array-CGH als Methode für alle genetisch bedingten Erkrankungen einsetzbar, die durch Zugewinne oder Verluste von Erbgut verursacht werden. Mittels dieser Methode lassen sich Kopienzahlveränderungen der DNA nachweisen, die aufgrund ihrer Größe in der konventionellen Chromosomenanalyse nicht erkannt werden können. Es kann genomweit ein Verlust von genomischen Bereichen (Deletion) und Hinzugewinn (Duplikation) detektiert werden.

Routinemäßig verwenden wir einen 400k-Array der Firma Agilent, der eine mittlere Auflösung von unter 17 kb über das gesamte Genom liefert. Die geforderten 200 kb für eine abrechenbare Leistung werden also um mehr als das Zehnfache übertroffen. Neben Standardarrays kommen bei uns auch sogenannte Custom-Arrays zum Einsatz, mit deren Hilfe eine Gruppe von Genen untersucht wird, die für bestimmte Erkrankungen relevant sein können, z.B. Tumorsuppressorgene. Mit diesem Verfahren können Varianten gefunden werden, die kleiner als 1 kb sind.

Abbildung 1: Ideogramme humaner Chromosomen mit einer Auswahl an eingezeichneten Loci oder Genen, die bei Verlust (blau) oder Zugewinn (rot) verantwortlich für syndromale oder nicht syndromale geistige Entwicklungsstörungen sind. (Stankiewicz and Lupski, (2010) Annu. Rev. Med. 61: 437-55)