Benutzerspezifische Werkzeuge

Aktuelles

  • Offene Sprechstunde für den ÖGD zur methodischen Beratung

Zweimal pro Monat bietet die Professur Öffentliche Gesundheit eine Sprechstunde für forschungsmethodische Beratungen an. Für weitere Details und zur Anmeldung bitte diesem Link folgen. 

  • Neuigkeiten aus unseren Forschungsprojekten

An dieser Stelle berichten wir regelmäßig über Entwicklungen und Ergebnisse aus unseren aktuellen Forschungsprojekten.

Förderung durch den Innovationsfonds der Krankenkassen für die Entwickelung einer S3-Leitlinie mit dem ÖGD zum Ausbruchsmanagement in Gemeinschaftsunterkünften

Die Professur Öffentliche Gesundheit hat im Rahmen der Ausschreibung durch den Innovationsfonds der Krankenkassen im Themenfeld „Entwicklung und Weiterentwicklung von Leitlinien mit Fokus Gesundheit der Bevölkerung, Öffentlicher Gesundheitsdienst (ÖGD)“ eine Förderzusage erhalten für die Entwicklung einer S3-Leitlinie mit dem ÖGD für evidenzbasiertes infektionsepidemiologisches Management von Ausbrüchen in Gemeinschaftsunterkünften. 

In Deutschland leben viele Menschen in Gemeinschaftsunterbringungen (GU), z. B. Menschen im Asylverfahren oder Menschen, die wohnungslos sind oder in prekären Beschäftigungsverhältnissen arbeiten. Durch beengte Wohnverhältnisse ist das Risiko von Krankheitsausbrüchen in GUs hoch. Zur Eindämmung von Ausbrüchen ist eine sektorenübergreifende Zusammenarbeit des Öffentlichen Gesundheitsdienstes (ÖGD) mit der ambulanten Versorgung, den Einrichtungen und den Betroffenen erforderlich.

Ziel der S3-Leitlinie „Evidenzbasiertes infektionsepidemiologisches Management von Ausbrüchen in Gemeinschaftsunterkünften“ ist es daher, evidenz- und konsensbasierte Handlungsempfehlungen für ein effizientes und ressourcenschonendes Vorgehen zur Verringerung von Folgefällen bei Ausbrüchen in GUs zu entwickeln und nicht-intendierte Konsequenzen sowie Unter-, Über- und Fehlversorgung zu vermeiden. Da der Einsatz von Leitlinien im ÖGD noch wenig etabliert ist, wird prozessbegleitend ein Trainingsangebot mit dem und für den ÖGD umgesetzt um langfristig Kapazitäten in der Leitlinienentwicklung auszubauen.

Die Methodik zur Erstellung der geplanten evidenz- und konsensbasierten S3-Leitlinie erfolgt nach dem Regelwerk der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF). Zunächst wird eine Leitliniengruppe gebildet, die sich aus Vertreter:innen verschiedener Fachgesellschaften, Bundesverbände, ÖGD und Vertreter:innen von Betroffenen zusammensetzt. Es werden Schlüsselfragen formuliert und eine systematische Literaturrecherche und -bewertung durchgeführt. Dabei werden explizit auch Fragestellungen berücksichtigt, die sich Aspekten wie Akzeptanz, Umsetzbarkeit oder den sozialen Folgen von Maßnahmen zur Eindämmung von Infektionsausbrüchen widmen. Die Ergebnisse werden in Arbeitsgruppen diskutiert, konsentiert und zu Handlungsempfehlungen verarbeitet.

Das Projekt wird durch den Innovationsfonds der Krankenkassen gefördert und wird im Januar 2026 beginnen. Die Projektleitung liegt bei Prof. Anna Kuehne, TU Dresden. Weitere Projektpartner sind die Ludwig-Maximilians-Universität München, das Robert Koch-Institut, die Universität Bielefeld,  der Bundesverband der Ärztinnen und Ärzte des Öffentlichen Gesundheitsdienstes e. V. sowie die Akademie für Öffentliches Gesundheitswesen in Düsseldorf.

Die erfolgreiche Entwicklung von Empfehlungen wird dazu beitragen, Entscheidungs- und Handlungskorridore aufzuzeigen, eine angemessene Umsetzung von Maßnahmen zu fördern, Folgefälle zu vermeiden und die sektorenübergreifende Zusammenarbeit zu erleichtern. 

Weitere Informationen zu der geplanten Leitlinie finden Sie im Leitlinienregister der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF).

Erste Ergebnisse gemeinsamer Auswertung von Routinedaten der Dresdner Gesundheitsuntersuchung nach § 62 Asylgesetz

Zusammen mit den Sachgebieten Erstuntersuchung/Asylbewerber und Strategische Gesundheitsplanung des Amts für Gesundheit und Prävention Landeshauptstadt Dresden hat die Professur Öffentliche Gesundheit eine Auswertung von Routinedaten der Dresdner Gesundheitsuntersuchung nach § 62 Asylgesetz für das Jahr 2023 vorgenommen. Im Rahmen der Untersuchung werden Menschen, die als Asylsuchende in Dresden ankommen, durch das Gesundheitsamt untersucht. Bei der Auswertung handelte es sich um ein Pilotprojekt in dem wir gemeinsam feststellen wollten, ob die Daten in auswertbarer Qualität vorliegen und ob es möglich und sinnvoll wäre, die Auswertung auszudehnen. Um eine bessere Evidenzgrundlage für verlässliche Aussagen zu schaffen, ist nun eine Ausweitung der Auswertung auf den Zeitraum 2017-2024 geplant sowie eine mögliche Einbeziehung weiterer Standorte in Sachsen.

Im Jahr 2023 wurden 4.767 Personen untersucht. Von besonderem Interesse waren Daten zu serologischer Immunität in Bezug auf impfpräventable Erreger, die bei allen Personen ab 13 Jahren (n=4.030) verpflichtend durchgeführt wird. Für nahezu alle Personen in dieser Altersgruppe lagen Ergebnisse der einzelnen Komponenten der Blutuntersuchung vor. Insgesamt wurde bei 69% (n=2.790/4.020) der getesteten Personen eine serologische Immunität gegen Masern festgestellt, bei 73% (n=2.916/4.020) gegen Mumps und bei 88% (n=3.525/4.021) gegen Varizellen. Außerdem wurde bei 66% (n=568/866) der getesteten Frauen in gebärfähigen Alter eine serologische Immunität gegen Rubella nachgewiesen. Die Auswertung zeigte deutliche Unterschiede zwischen untersuchten Personen unterschiedlicher Staatsangehörigkeiten und Altersgruppen: für Masern, eine Erkrankung mit besonders hohem Ausbruchspotenzial, wurde der 95% Schwellenwert für Herdenimmunität von keiner Gruppe, eingeteilt nach Staatsangehörigkeit, erreicht. Allerdings zeigte sich für untersuchte Personen fast aller Herkunftsländer, dass ab der Altersgruppe von 55-64 Jahre eine Immunität von mindestens 95% vorlag.

Die Feststellung von meldepflichtigen Infektionserkrankungen war selten. So hatten insgesamt 0.8% (n=33/4.022) der getesteten Personen eine chronische Hepatitis B Infektion und bei 0.05% (n=2/3.721) der untersuchten Personen wurde eine aktive, ansteckungsfähige Lungentuberkulose festgestellt. Es gab keinen Hinweis, dass in 2023 eine akute Hepatitis A Infektion durch das Screening der Gesundheitsuntersuchung nach § 62 Asylgesetz entdeckt wurde. Durch das Erkennen von Infektionskrankheiten mit Ausbruchspotenzial und der Identifikation von Impflücken ist die Gesundheitsuntersuchung ein wichtiger Beitrag zur Verhinderung von Ausbrüchen. Daneben stellt sie auch eine Gelegenheit dar, individuelle gesundheitlichen Bedarfe jenseits des Infektionsschutzes aufzugreifen und vermeidet damit eine Chronifizierung von Erkrankungen. Das eine generelle Empfehlung zur Weiterhandlung bei fast zwei Dritteln der untersuchten Personen vermerkt wurde, unterstreicht die Bedeutung dieser Funktion der Erstuntersuchung.

Die Auswertung bietet Ansätze zu Überlegungen, ob sowohl ein gezielterer Einsatz von Serologie als auch eine breiter angelegte Impfstrategie denkbar wären. Eine Limitation dieser Daten ist, dass die oben dargestellten Zahlen als Pilot-Auswertung sich nur auf einen Standort und ein Jahr beziehen. Um eine bessere Evidenzgrundlage für verlässliche Aussagen zu schaffen, soll die Auswertung mit Daten über einen längeren Zeitraum wiederholt werden sowie bei Interesse weitere Standorte in Sachsen einbezogen werden.