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08. Mai 2014

8. Mai 2014: Nuklearmediziner und Radiologen gehen gemeinsam gegen Tumore oder Metastasen in der Leber vor

Mit Isotopen versehene Partikel reduzieren Durchblutung von erkranktem Gewebe und bestrahlen es gleichzeitig / Bereits über 50 Patienten mit komplexer Therapie behandelt

Dank der Zusammenarbeit der Klinik für Nuklearmedizin und des Instituts für Radiologie am Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden gewinnen schwerst erkrankte Krebspatienten zusätzliche Lebenszeit. Bei der Selektiven Internen Radio-Therapie – kurz SIRT – arbeiten die Experten der Nuklearmedizin Hand in Hand mit den auf Eingriffe spezialisierten Radiologen zusammen. Gemeinsam behandeln sie Patienten, deren Leber von Tumoren oder Metastasen befallen sind und bei denen eine Operation nicht in Frage kommt beziehungsweise eine Chemotherapie nicht die gewünschten Erfolge brachte. Seit Dezember 2012 – dem Start der SIRT am Dresdner Uniklinikum – sind hier über 50 Patienten behandelt worden. Auch wenn durch diese komplexe Therapie das Tumorleiden nicht mehr heilbar ist, gewinnen die Betroffenen bis zu zwei Jahren zusätzliche Lebenszeit. Für die komplexen Voruntersuchungen und der sehr präzise zu kalkulierenden Dosierung des mit den Partikeln in die Leber eingeschleusten radioaktiven Isotops bedarf es sehr erfahrener Spezialisten.

Um das lebensbedrohliche Wachstum von Tumoren beziehungsweise Metastasen in der Leber zu bremsen, werden sie ausgehungert und gleichzeitig bestrahlt. Dazu nutzen die Nuklearmediziner und Radiologen sogenannte Mikro¬sphären mit einem Durchmesser von 20 bis 40 Mikrometer – etwa halb so dick wie ein menschliches Haar. Diese winzigen Partikel werden über einen Katheter direkt in die Arterien der Leber in das Organ eingeschleust. Aufgrund ihrer Größe können sie das gesunde Gewebe weitestgehend passieren, verstopfen aber kleinere Blutgefäße der Tumore oder Metastasen und verringern so deren Durchblutung. Dieses Prinzip nennen die Mediziner Embolisation. Gleichzeitig geben die in den Gefäßen steckenbleibenden Mikrosphären radioaktive Strahlung ab, die das kranke Gewebe so stark schädigt, dass es abstirbt. Bei dem dabei verwendeten Isotop handelt sich um den Beta-Strahler Yttrium-90. Dass mit der SIRT so gezielt Tumore und Metastasen über die Arterien erreicht werden können, liegt an einer anatomischen Besonderheit: Während das gesunde Gewebe der Leber vorrangig über die Pfortader mit Blut versorgt wird, beziehen die krankhaften Wucherungen dies über die sogenannte arterielle Strombahn. Dorthinein führen die Radiologen den Katheter, um die Mikrosphären gezielt einzuschleusen.

Präzise röntgenbasierte Diagnostik und Intervention als Erfolgsbasis
Damit die Partikel wirklich in der Leber bleiben und nicht doch in andere Bereiche des Körpers abwandern, untersuchen die Radiologen im Vorfeld der Therapie die Blutgefäße der Leber. Hierfür nutzen sie ein in den Kreislauf gespritztes Kontrastmittel und können dank angiographischer Aufnahmen Lage und Verlauf der Gefäße sichtbar machen. Wenn die Leber-Arterien zu viele Verbindungen – sogenannte Shunts – zu anderen Blutgefäßen aufweisen, muss auf die SIRT als Therapieoption verzichtet werden. Lediglich bei einer Arterie des Organs, die bei allen Menschen unter anderem auch den Zwölffingerdarm und den Magen versorgt, wird durch einen per Katheter eingebrachten Gefäßverschluss – ein sogenannter Coil – die Blutzufuhr unterbrochen. Für diese beiden Organe bleibt das folgenlos: Sie werden auch über andere Arterien ausreichend mit Blut versorgt. Danach prüfen die Nuklearmediziner mit einer diagnostischen Testsubstanz die spätere Verteilung der Partikel in einem szintigraphischen Bild.

Weitere Untersuchungen mit dem Magnetresonanztomographen (MRT) und der Positronen-Emissions-Tomographie (PET) geben weitere wichtige Hinweise für die Therapie. Die MRT-Bilder dokumentieren die Größe des Tumors oder der Metastasen. Das Verhältnis zwischen krankem und gesundem Gewebe ist einerseits für die Entscheidung wichtig, ob die SIRT überhaupt in Frage kommt. Andererseits liefern die Daten der MRT dem Nuklearmediziner wichtige Hinweise zur Dosierung des therapeutisch wirksamen Isotops. Die Berechnung der Dosis ist sehr komplex und bedarf großer Erfahrung. Die Entscheidung, Krebspatienten mit der Selektiven Internen Radio-Therapie zu behandeln, fällt im Tumorboard des Universitäts KrebsCentrums. In diesem Gremium diskutieren die Experten aller mit der Behandlung von Krebsleiden befassten Fachgebiete mehrmals wöchentlich die Befunde aller Krebspatienten und entscheiden einvernehmlich über die weiteren Schritte von Diagnostik und Therapie.

Als einziges Dresdner Krankenhaus verfügt das Universitätsklinikum über eine Anlage, die die Positronen-Emissions-Tomographie mit einer auf Röntgenstrahlen basierenden Computertomographie kombiniert. Die Verbindung dieser beiden bildgebenden Verfahren gibt den Ärzten genaue Aufschlüsse über den Stoffwechsel von Tumor oder Metastase. Nach der Therapie liefert dies vor allem Hinweise für den therapeutischen Erfolg der SIRT. Häufig lässt sich damit nicht nur das Wachstum stoppen sondern auch das Volumen des krankhaften Gewebes bildet sich zurück. Gemäß des Anspruchs der Dresdner Hochschulmedizin – exzellente Krankenversorgung und Forschung zu verbinden – werden die bei allen Patienten erhobenen Daten wissenschaftlich ausgewertet, um weitere Erkenntnisse zu dieser innovativen Therapie zu gewinnen. Zudem geben die für die SIRT verantwortlichen Ärzte und Medizinphysiker des Universitätsklinikums ihr Wissen und ihr Know-how auch an externe Fachkollegen weiter. So unterstützen sie zurzeit das Krankenhaus Dresden-Friedrichstadt bei den ersten beiden dort vorgenommenen Therapien.

Kontakte
Universitätsklinikum Carl Gustav Carus
Institut für Radiologische Diagnostik   
Prof. Dr. med. Ralf-Thorsten Hoffmann   
Tel.: 0351 458-51 15      
E-Mail: ralf-thorsten.hoffmann@uniklinikum-dresden.de 
www.uniklinikum-dresden.de/rad    

Klinik für Nuklearmedizin
Priv.-Doz. Dr. med. Klaus Zoephel
Tel.: 0351 458-41 60
E-Mail: Klaus.Zoephel@uniklinikum-dresden.de
www.uniklinikum-dresden.de/nuk