12. November 2013: Mit der Kraft des eigenen Körpers gegen den Zelltod im Hüftgelenk
Mit einem innovativen Ansatz wollen Ärzte und Wissenschaftler des UniversitätsCentrums für Orthopädie und Unfallchirurgie (OUC) am Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden die Heilungs-Chancen bei Patienten mit Hüftkopfnekrosen verbessern. Das Dresdener Ärzteteam ist als eines der Ersten von bisher vier deutschen Studienzentren aktiv an einer internationalen Studie der Firma Bone Therapeutics S.A. beteiligt. Bei der neuen Therapie werden den Patienten körpereigene, speziell vorbehandelte Knochenmark-Stammzellen in den Hüftkopf injiziert. Hier sollen sie die Neubildung des untergegangenen Knochengewebes unterstützen und so den vorzeitigen Gelenkverschleiß aufgrund eines Einbruchs des gelenknahen Knochens verhindern. Die Teilnahme des UniversitätsCentrums für Orthopädie und Unfallchirurgie an dieser Studie ist ein weiterer Beleg für die große Expertise auf dem Gebiet der regenerativen Medizin. Wichtige Partner vor Ort sind das ebenfalls am Klinikum angesiedelte Zentrum für Translationale Knochen-, Gelenk- und Weichgewebeforschung sowie das Zentrum für Regenerative Therapien Dresden.
Oft wird ein künstliches Hüftgelenk in Verbindung mit der im hohen Alter häufig vorkommenden Arthrose gebracht. Doch auch jüngere Menschen ab etwa 30 Jahren benötigen bereits eine Kunstgelenk-Operation. Das Forscher-Team um den Geschäftsführenden Direktor des OUC Prof. Klaus-Peter Günther, einem der international renommiertesten Experten für Endoprothetik und Hüftchirurgie, behandelt sogenannte Hüftnekrosen. Es handelt sich dabei um eine Erkrankung im Hüftkopf, durch die das Gewebe in diesem stark belasteten Teil des Oberschenkelknochens zerstört wird. Häufige Folge ist der Einbruch des gelenknahen Knochens, der sich langfristig nur noch durch eine Endoprothese behandeln lässt.
Optimal ist ein künstliches Hüftgelenk in einem Alter von 30, 40 oder auch 50 Jahren nicht: Die Wahrscheinlichkeit, dass der Patient dann eine Endoprothesenlockerung mit erforderlicher Wechseloperation erlebt, ist recht hoch. Eine erneute Implantation ist zwar möglich, doch die Wahrscheinlichkeit an Komplikationen steigt nicht nur durch das erneute Implantieren, sondern auch durch das höhere Lebensalter. Deshalb erforschen Orthopäden weltweit Therapien, die die Nekrosen wirksam bekämpfen, bevor der Hüftkopf einbricht. Bereits etabliert ist das Verfahren, die vom Zelluntergang betroffene Region des Knochens von der gesunden Seite her anzubohren. Einerseits lässt sich so der mit der Erkrankung einhergehende erhöhte Knochenmarkdruck verringern. Zum anderen können durch die Anbohrung gesunde Knochenmark-Stammzellen in den teilweise zerstörten Hüftkopf gelangen, und so den Neuaufbau des Knochens fördern. Doch ob und wie viel dieser entwicklungsfähigen Zellen ihre positive Wirkung entfalten, ist mehr oder weniger dem Zufall überlassen. Das will das Wissenschaftlerteam um Prof. Günther nun ändern: Sie entnehmen dem Patienten Knochenmark-Stammzellen aus einem gesunden Beckenknochen, der sich ohne größeren Eingriff anzapfen lässt. Die so gewonnenen Stammzellen werden innerhalb von wenigen Wochen von einem Speziallabor in Belgien aufbereitet und dann dem Patienten über die Bohrung im Oberschenkel injiziert. Durch die Auswahl und Aufbereitung der Stammzellen – so die Erwartungen der Wissenschaftler – können sie den Heilungsprozess deutlich verbessern. Insgesamt 25 Kliniken beteiligen sich an der Hüftkopfnekrose-Studie. In diesem Rahmen sollen in den nächsten zwei Jahren 130 Patienten mit der innovativen Methode behandelt werden. Allein für Deutschland werden an vier Standorten Patienten gesucht.
Hüftnekrose: Späte Diagnose erhöht Gefahr von dauerhaftem Knochendefekt
Etwa zehn Prozent aller Endoprothesen müssen aufgrund einer Hüftkopfnekrose implantiert werden. Diese Form des Untergangs von Knochenzellen tritt vorrangig zwischen dem 30. und 50. Lebensjahr auf. Erste Anzeichen der Erkrankung sind plötzlich auftretende Belastungsschmerzen zumeist in der Leisten¬gegend. Einmal diagnostiziert, setzen Orthopäden in der Regel Medikamente zur Förderung der Durchblutung und des Knochenaufbaus ein. Zusätzlich muss das betroffene Bein vorübergehend durch eine Gehhilfe entlastet werden. Zudem bedarf es einer engmaschigen Kontrolle des Heilungsprozesses durch einen Spezialisten. Lässt sich die Nekrose nicht stoppen, droht der Einbruch des Hüftkopfs. Das tritt bei etwa 70 Prozent der Fälle ohne Behandlung ein. Die neue, jetzt in der Studie erprobte Therapie soll diese Zahl künftig senken.
Studie gewährt Patienten optimale Betreuung über mehr als zwei Jahre
Um an der Studie zur innovativen individualisierten Therapie einer Nekrose eingeschlossen zu werden, sollte ein niedergelassener Orthopäde die Diagnose einer lediglich beginnenden Hüftkopfnekrose (Stadium ARCO 1 oder 2) gestellt haben. Der Patient kann zwischen 18 und 65 Jahre alt sein. In der Zeit der Studie werden die Patienten regelmäßig untersucht – unter anderem mittels Magnetresonanztomographie (MRT), um die Ausbreitung der Nekrose zu kontrollieren.
Weitere Informationen
www.uniklinikum-dresden.de/ouc
www.tu-dresden.de/med/tfo
www.crt-dresden.de
Kontakt
Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden
UniversitätsCentrum für Orthopädie und Unfallchirurgie
Geschäftsführender Direktor: Prof. Dr. med. Klaus-Peter Günther
Bereich Regenerative Knochenforschung
Leiter: Dr. med. Maik Stiehler, Ph.D.
Tel. 0351 458-18188
E-Mail: Maik.Stiehler@uniklinikum-dresden.de