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21. September 2011

21. September 2011: Sportmediziner erforschen die Volkskrankheit Rückenschmerz

Wissenschaftler des Dresdner Uniklinikums beteiligen sich an nationalem Forschungs-Netzwerk zur Diagnose, Prävention und Therapie von Rückenbeschwerden

Die Sportmediziner der Klinik für Orthopädie des Universitätsklinikums Carl Gustav Carus Dresden haben sich im Verbund mit anderen Universitäten erfolgreich um ein fünf Millionen Euro an Drittmitteln umfassendes Forschungsprojekt des Bundesinstituts für Sportwissenschaft (BISp) beworben. In den nächsten drei Jahren geht es um Möglichkeiten, das Risiko von Rückschmerzen zu minimieren und entsprechende Beschwerden zu mildern. Dabei arbeiten die Wissenschaftler der Dresdener Sportmedizin mit Medizinern aus Potsdam, die die das Projekt leiten, sowie mit Fachkollegen aus Berlin, Heidelberg, München, Hamburg und Frankfurt/Main zusammen. Im Verbund mit dem Gesamtvorhaben werden weitere Teilaspekte über die Ruhr-Universität Bochum mit Wissenschaftlern aus Dresden und Köln bearbeitet. Im Universitätsklinikum Carl Gustav Carus sollen innerhalb von zwei Jahren rund 200 Personen im Rahmen der bundesweiten Studie in der Dresdner Sportmedizin gezielt untersucht werden. Im Mittelpunkt stehen dabei nicht nur Rückenschmerzpatienten, sondern auch Spitzensportler sowie gesunde, sportlich aktive Menschen.

Schätzungsweise 90 Prozent der Westeuropäer leiden im Verlauf ihres Lebens unter Rückenschmerzen. Längst haben sich diese Beschwerden in den westlichen Industrieländern zur Volkskrankheit Nummer 1 entwickelt. Auch sportlich aktive Menschen sind nicht gegen diese Probleme gefeit: Selbst 75 Prozent der Spitzensportler werden im Laufe ihrer Karriere von Rückerschmerzen heimgesucht. „Warum diese Probleme so häufig auftreten und welche Vorbeugemaßnahmen es gegen diese Volkskrankheit gibt, ist weitestgehend unerforscht“, berichtet Prof. Philip Kasten, der in Dresden zusammen mit seiner Kollegin Dr. Heidrun Beck im Rahmen des Gesamtprojektes als Kooperationspartner tätig ist. Die Wissenschaftler wollen unter anderem ermitteln, welche körperlichen Defizite das Risiko von Rückenschmerzen erhöhen. Deshalb ist es für die Studie wichtig, auch Gesunde zu untersuchen. Bis auf die Spitzensportler und nachwachsende Sporttalente gehen die Menschen erst zum Orthopäden, wenn sich die Schmerzen bereits deutlich bemerkbar gemacht haben: „Viele Betroffene unterziehen sich zu spät einer speziellen Untersuchung“, weiß Prof. Kasten, der als Oberarzt an der Klinik für Orthopädie des Dresdner Uniklinikums arbeitet und unter anderem den Bereich Sportmedizin der Klinik für Orthopädie leitet.

Rückenbeschwerden nicht auf die leichte Schulter nehmen
Einer der häufigsten Gründe für krankheitsbedingte Arbeitsausfälle ist ein schmerzender Rücken. Der dadurch entstehende volkswirtschaftliche Schaden ist enorm: Laut Statistik klagen 20 Millionen Deutsche regelmäßig über Kreuzschmerzen, wobei die Befunde vom Hexenschuss, über den Bandscheibenvorfall bis zu chronisch unspezifischen Beschwerden reichen. Bei der Suche nach den Ursachen machen die Mediziner – neben strukturellen Schäden wie beispielsweise Gelenkdegenerationen – häufig eine unzureichende Stabilisation und Funktion der Wirbelsäule aus. Oft sind diese Zustände durch Defizite im Zusammenspiel zwischen Nerv und Muskel bedingt. Immer wieder liegen die Gründe für das Entstehen von Rückenschmerzen und die Verfestigung des Krankheitsbildes aber auch im psychischen und psychosozialen Bereich, insbesondere im Umgang mit Stress und Schmerz. Ein gezieltes Training sowohl zur Vorbeugung von Beschwerden als auch in der Rehabilitation erweist sich in der Regel als wirksam. Allerdings bleibt im Einzelfall oft unklar, welche Intervention letztendlich dazu geführt hat, dass Beschwerden zurückgehen oder das Risiko eines Rückfalls sinkt.

Die unterschiedlichen diagnostischen Verfahren mit denen die Spezialisten der Orthopädie, Neurologie und Anästhesiologie den Rückenschmerzen auf den Grund gehen – das sind vor allem das Patientengespräch, die körperliche Untersuchung sowie Röntgenaufnahmen – sind bisher nicht ausreichend auf ihre Aussagefähigkeit hin erforscht. „Zwar hat das Dresdner Uniklinikum seit Jahren gemeinsam mit der AOK Plus in einem speziellen ‚Rückenprojekt‘ äußerst erfolgreiche Behandlungsstrategien entwickelt und mit einer Rückenschmerzambulanz ein spezielles Angebot etabliert, wissenschaftliche Arbeiten zu dieser Problematik sind dagegen äußerst rar“, so Prof. Michael Albrecht, Medizinischer Vorstand des Uniklinikums. Genau an diesem Punkt setzen die Sportmediziner mit dem neuen Forschungsprojekt an, bei dem sie mit Sport- und Gesundheitssoziologen, Sportwissenschaftlern und Sportpsychologen kooperieren. Es sollen gesicherte Erkenntnisse zur Wirksamkeit spezifischer Interventionsmöglichkeiten – zum Beispiel gezielte sportliche Bewegungsprogramme oder Physiotherapie – erforscht werden. Ziel ist schließlich die Übertragung der Ergebnisse aus dem Spitzensport auf die Gesamtgesellschaft.

Das Projekt wird in den nächsten dreieinhalb Jahren durch das Bundesinstitut für Sportwissenschaft (BISp) mit über fünf Millionen Euro gefördert. Das BISp hat die Aufgabe, Forschungsvorhaben auf dem Gebiet des Spitzensports zu initiieren, zu fördern und zu koordinieren, die Forschungsergebnisse zu bewerten und sie zielgruppenorientiert in die Praxis zu transferieren. Dies gilt insbesondere für die Bereiche Spitzensport, einschließlich der Nachwuchsförderung und Talentsuche, Sportstätten- und Sportgeräteentwicklung sowie Dopingbekämpfung, Integration, Rassismus und Diskriminierungen. Zudem beschäftigt sich das BISp mit Fragen zur Entwicklung des Sports, die für die Bundesrepublik Deutschland als Ganzes von Bedeutung sind aber durch ein Bundesland allein nicht wirksam gefördert werden können.

Kontakt
Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden
Klinik und Poliklinik für Orthopädie
Dr. med. Heidrun Beck, Prof. Dr. med. Philip Kasten
Tel.: 0351 458-59 78
E-Mail: Sport.Medizin@uniklinikum-dresden.de
www.uniklinikum-dresden.de