Beim Nichtraucherschutz hat Dresdner Neustadt Nachholbedarf
Obwohl in Deutschland jährlich mehr als 110.000 Menschen an den Folgen des Rauchens sterben, mangelt es an der Umsetzung der gesetzlichen Regelungen zum Nichtraucherschutz: In einer aktuellen Studie weist das Deutsche Krebsforschungszentrum nach, dass in über 80 Prozent der Kneipen in zehn deutschen Landeshauptstädten weiterhin geraucht wird. Die von der Professur für Suchtforschung des Instituts für Klinische Psychologie und Psychotherapie der TU Dresden, dem Universitätsklinikum Carl Gustav Carus und der Sächsischen Landesstelle gegen die Suchtgefahren initiierte Raucherambulanz sieht die Ergebnisse der bundesweiten Erhebung auch bei einer Stichprobe in Dresdner Kneipen bestätigt. Allerdings ist der Anteil der Lokale, in denen geraucht wird, in der Dresdner Neustadt etwa viereinhalb Mal so hoch wie in der Altstadt. Die deutliche Präsenz des Tabakrauches in den Kneipen erschwert vielen Raucherinnen und Rauchern den Ausstieg aus dem Zigarettenkonsum. Die Betroffenen schaffen es trotz dringendem Wunsch nicht, aus eigener Kraft aufzuhören: Deshalb bietet die Raucherambulanz spezielle Entwöhnungsprogramme an. Die seit 2007 im Rahmen eines Forschungsprogramms laufenden Kurse sind sehr erfolgreich: 40 Prozent der Teilnehmer schaffen einen langfristigen Ausstieg aus der Sucht. Start für die nächsten Sieben-Wochen-Kurse ist am 7. Juni und 19. Juli.
Viele gute Gründe sprechen gegen den Qualm: Ein rauchfreies Leben erhöht nachweislich die Lebensqualität, verbessert die eigene Gesundheit und spart darüber hinaus viel Geld. Der Ausstieg aus der Sucht ist jedoch schwierig. Die Raucherambulanz der TU bietet den Betroffenen daher professionelle Unterstützung und den Rückhalt einer Gruppe an. Im Rahmen des regelmäßig stattfindenden „Rauchfrei Programms“ werden die Teilnehmer an sieben Terminen von speziell geschulten Diplom-Psychologen auf einen Rauchstopp vorbereitet und in ihrer Abstinenz unterstützt. Das seit 2007 an der Raucherambulanz laufende Entwöhnungsprogramm ist im Vergleich zum Selbstversuch äußerst erfolgreich: Von 100 Teilnehmern sind nach einem halben Jahr noch 40 abstinent. Nach einem Selbstversuch schaffen hingegen nur vereinzelte Raucher den Ausstieg. „Neben den effektiven verhaltenstherapeutischen Hilfestellungen ist der Zusammenhalt in der Gruppe und der Austausch mit Gleichgesinnten besonders wichtig – allein und ohne die richtige inhaltliche Unterstützung ist es häufig schwierig, die guten Vorsätze auch in die Tat umzusetzen“, weiß Dr. Andrea Kobiella, Koordinatorin der Raucherambulanz. Das von der Einrichtung angewandte Rauchfrei Programm ist bundesweit verbreitet und zertifiziert, so dass die gesetzlichen Krankenkassen die Kosten vollständig oder anteilig übernehmen.
„Ein effektives Rauchverbot in Kneipen und Gaststätten dient nicht nur dem Nichtraucherschutz, sondern hilft auch Rauchern, die ihre Sucht überwinden wollen“, unterstreicht Dr. Kobiella. Die bestehenden gesetzlichen Regelungen werden jedoch nur unzureichend umgesetzt: Einer aktuellen Studie des Deutschen Krebsforschungszentrums zufolge führen vor allem die Vielzahl und Komplexität der Ausnahmeregelungen dazu, dass in den zehn untersuchten Landeshauptstädten in über 80 Prozent der Kneipen und Bars weiterhin geraucht wird. Auch die Dresdner Lokale bilden in dieser Hinsicht keine Ausnahme, wie aus einer von der Raucherambulanz erhobenen Stichprobe vom vergangenen Sonnabend hervorgeht. Hierbei zeigte sich, dass in 82 Prozent der Kneipen in der Dresdner Neustadt nach 22 Uhr geraucht wurde. Der Anteil der Altstadt-Lokale, in denen Tabak konsumiert werden konnte, lag dagegen bei lediglich 22 Prozent. Dabei blieb in diesen Gaststätten der Nichtraucherschutz insofern gewahrt, dass der Tabakkonsum nur in einem separaten Raum gestattet war. In Dresdens Neustadt stellte sich die Situation bei der Stichprobe am Sonnabend anders dar: In gut der Hälfte der Kneipen wurde nach 22 Uhr uneingeschränkt geraucht, in 30 Prozent dagegen nur in einem separaten Raum. Lediglich 17 Prozent der Neustädter waren komplett rauchfrei. Dr. Olaf Rilke von der Sächsischen Landesstelle gegen die Suchtgefahren (SLS e.V.) zeigte sich diesbezüglich wenig überrascht: „Meine Kollegen und ich können tagtäglich beobachten, dass in der Mehrzahl der Dresdner Kneipen nach wie vor geraucht wird. Um den Nichtraucherschutz zu verbessern, plädieren wir dafür, das Sächsische Nichtraucherschutzgesetz von seinen zahlreichen Ausnahmeregelungen zu befreien; entsprechende Änderungsvorschläge haben wir bereits den Fraktionen des Sächsischen Landtages vorgelegt“.
Auf die mangelhafte Umsetzung des gesetzlichen Nichtraucherschutzes machen auch die Initiatoren des diesjährigen Weltnichtrauchertags am 31. Mai aufmerksam: Im Mittelpunkt des Aktionstages steht die Tabakkonvention der Weltgesundheitsorganisation, mit deren Unterzeichnung sich 170 Länder – darunter auch Deutschland – dazu verpflichteten, Maßnahmen für einen umfassenden Schutz vor den Gefahren aktiven und passiven Rauchens zu treffen.
Kontakt für Interessenten des Rauchfrei Programms
Interessenten können sich unverbindlich informieren unter: 0351 / 463 42206 oder unter raucherambulanz@tu-dresden.de. Informationen sowie aktuelle Termine für das Rauchfrei Programm finden Sie außerdem unter www.raucherambulanz.tu-dresden.de.
Kontakt für Journalisten
TU Dresden – Institut für Klinische Psychologie und Psychotherapie
Universitätsklinikum Carl Gustav Carus – Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie
Raucherambulanz
Dipl.-Psych. Nils Kroemer
Tel: 0351 / 463 42206