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05. Oktober 2021

Pressemitteilung des DNVF - DKVF 2021: Expert*innen diskutieren verbesserte Umsetzung neuer Formen der Gesundheitsversorgung

Deutscher Kongress für Versorgungsforschung 2021 Expert*innen diskutieren Ansätze zur verbesserten Umsetzung neuer Formen der Gesundheitsversorgung im Praxisalltag

Berlin, 05.10.2021. Die Versorgungsforschung hat in den vergangenen Jahren zahlreiche innovative Formen der Gesundheitsversorgung untersucht und dabei wirksame Ansätze identifizieren können. Jetzt geht es darum, diese Versorgungsinnovationen in die Praxis zu überführen und dort zu implementieren. Leider stößt dieser Transfer in vielen Fällen auf Schwierigkeiten – zu diesem Schluss kamen Versorgungsforschende anlässlich eines Pressegesprächs zum Start des 20. Deutschen Kongresses für Versorgungsforschung (DKVF). „Oft sind Innovationen so geplant, dass sie den Bedürfnissen derer, die die Neuerung umsetzen sollen, nicht entsprechen. Es entstehen dann Akzeptanzprobleme“, erklärt Prof. Dr. Holger Pfaff, Kongresspräsident des DKVF 2021. „Darüber hinaus gelingt der Transfer wichtiger medizinischer Neuerungen in die Praxis nur, wenn der jeweilige Versorgungskontext berücksichtigt wird“, so Pfaff. Der Versorgungsforschung komme in diesem Zusammenhang eine wichtige Aufgabe zu. Sie kann zum einen die nötigen theoretischen Grundlagen liefern, um den Versorgungskontext besser zu verstehen und für den Praxistransfer gut gerüstet zu sein. Zum anderen kann sie den Praxistransfer mit empirischer Forschung begleiten und so zum besseren Verständnis beitragen.

Beispiele aus der COVID-19-Pandemieforschung machen dieses Potenzial der Versorgungsforschung deutlich. Im Verbundprojekt EgePan Unimed kooperieren die Universitätskliniken Dresden, Augsburg, Münster, Frankfurt sowie die Charité Berlin, allesamt Mitglieder des Netzwerks Universitätsmedizin (NUM), um eine bedarfsgerechte stationäre Versorgung von COVID-19-Patient*innen in der Pandemie sicherzustellen. Die Partner setzten ein Leitstellenkonzept mit Netzwerkstruktur, Kapazitätstransparenz und gemeinsam verantworteter Patientensteuerung um, das auf der regionalen Abstimmung zwischen Kliniken und dem öffentlichen Gesundheitsdienst sowie auf mathematischen Bedarfsvorhersagen beruht. Zu den besonderen Herausforderungen dieses Projekts zählten die Unterschiede in der Datenlage, nicht nur zwischen den Bundesländern, sondern auch auf Landkreisebene. Die Lösung bestand in der Etablierung lokaler Lösungen für Datenflüsse und für die regionale Patientensteuerung. So entstand in Sachsen das DISPENSE-Modul, das ein zeitaktuelles und kleinräumiges Monitoring des COVID-19-Infektions- und klinischen Geschehens auf Landkreis- und Krankenhausebene bereitstellt. Eine ähnliche Umsetzung wurde für Hessen etabliert. Die gesammelten Daten ermöglichen außerdem eine aufwandsarme Unterstützung von Studien und Registern für die Forschung.

„Regional koordinierte Versorgungslösungen auf der Basis einer datengestützten Steuerung haben in der COVID-19-Pandemie ihre Nagelprobe bestanden“, kommentiert Prof. Dr. Jochen Schmitt, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Netzwerk Versorgungsforschung, diesen Ansatz. „Eine One-size-fits-all-Lösung ohne Anpassung an den regionalen Kontext wäre hier nicht zielführend gewesen.“

Versorgungsnahe Daten sind aber nicht nur in der COVID-Pandemie eine wichtige Grundlage für eine bessere Versorgung der Patient*innen. Es gibt mittlerweile gute Beispiele dafür, dass registerbasierte Studien mit versorgungsnahen Daten Wissenslücken in medizinischen Leitlinien schließen können und so zum Beispiel zu einer besseren Versorgung beim Darmkrebs beizutragen. „Das ist eine gute Botschaft. Denn Leitlinienempfehlungen bündeln zwar das aktuell verfügbare medizinische Wissen, indem sie auf randomisiert-kontrollierte klinische Studien, sogenannte RCTs zurückgreifen. Für zahlreiche Situationen im Versorgungsalltag existiert jedoch keine ausreichende Evidenz aus RCTs. Hier können Registerstudien mit versorgungsnahen Daten möglicherweise sehr hilfreich sein“, erklärt Prof. Dr. Monika Klinkhammer-Schalke, Vorstandsvorsitzende des Deutschen Netzwerks Versorgungsforschung.

Das methodische Vorgehen bei der Auswertung von Registerdaten sei bislang allerdings noch immer unzureichend aufbereitet. „Am Anfang eines jeden registerbasierten Forschungsvorhaben steht immer die Frage nach der Registereignung. Zu fordern ist eine geeignete Registerqualität, ebenso wie standardisierte Datensätze, und gezielte Datenschutzkonzepte“, so Klinkhammer-Schalke. Eine Ad-hoc-Kommission des Deutschen Netzwerks Versorgungsforschung arbeitet derzeit an einem mehrteiligen Manual für die Nutzung versorgungsnaher Daten.  Klinkhammer-Schalke: „Auf dem DKVF 2021 werden wir intensiv über die verschiedenen Aspekte der Nutzung versorgungsnaher Daten diskutieren.“


Der Deutsche Kongress für Versorgungsforschung 2021

Der DKVF 2021 greift die jüngsten Entwicklungen in der Versorgungsforschung auf und findet vom 6. bis 8. Oktober 2021 in digitaler Form statt. Die Veranstaltung, die in diesem Jahr zum zwanzigsten Mal stattfindet, wendet sich unter dem Motto „Versorgungskontext verstehen – Praxistransfer befördern.“ an Ärzt*innen, Forschende, Vertreter*innen aus Krankenkassen, Verbänden, der Gesundheitspolitik sowie interessierte Betroffene und Patientenorganisationen. Die wissenschaftliche Leitung des Kongresses hat das Deutsche Netzwerk Versorgungsforschung e. V. Mehr Informationen unter www.dkvf.de


Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung

Der gemeinnützige Verein „Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e.V.“ (DNVF) wurde 2006 in Berlin gegründet. Das DNVF steht als interdisziplinäres Netzwerk allen Institutionen und Arbeitsgruppen offen, die mit der Sicherung der Gesundheits- und Krankenversorgung unter wissenschaftlichen, praktischen oder gesundheitspolitischen Gesichtspunkten befasst sind. Das DNVF hat es sich zum Ziel gesetzt, die an der Versorgungsforschung im Gesundheitswesen beteiligten Wissenschaftler*innen zu vernetzen, Wissenschaft und Versorgungspraxis zusammenzuführen sowie die Versorgungsforschung insgesamt zu unterstützen und voranzubringen. Darüber hinaus fördert das DNVF den wissenschaftlichen Nachwuchs, beispielsweise durch die Bildung interdisziplinärer Arbeitsgruppen zu fächerübergreifenden Themen der Versorgungsforschung. www.dnvf.de

Pressekontakt
Dr. Katrin Mugele
i.A.  Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.
Kuno-Fischer-Str. 8, 14057 Berlin
Tel: +49 (0)162 2077559