
'In vitro' Differenzierung von Rückenmarksvorläufern aus embryonalen Stammzellen (ESC) der Maus
Gegenstand
Verletzungen des Rückenmarks bedeuten für Betroffene zumeist einschränkende Behinderungen mit schweren Begleiterkrankungen und geringen Möglichkeiten zur Regeneration.
Bestimmte Amphibienarten können nach einer Verletzung Rückenmarksstrukturen in einem höchst geordneten Prozess vollständig regenerieren. Dabei erfolgt mittels zellulärer Dedifferenzierung, Proliferation und schließlich Redifferenzierung die Ausbildung einer vorläufigen ependymalen Tubenstruktur aus der sich ein funktionelles Rückenmark bildet.
In diesem Projekt sollen murine ES-Zellen ‘in vitro‘ kultiviert und mittels geeigneter Konditionen und Techniken in eine räumliche Formation neuroepithelialer Zystenstrukturen überführt werden.
Methoden
Murine ESC werden in einer definierten 3D Matrix ‘in vitro‘ kultiviert. Die Formation von Zysten erfolgt dabei zuverlässig innerhalb weniger Tage unter bestimmten Kulturbedingungen. Morphogene, die für die Entwicklung des Rückenmarkes relevant sind und seine Ausprägung in der kraniokaudalen bzw. dorsoventralen Achse definieren, werden zu bestimmten Zeitpunkten dem Kulturmedium hinzugefügt. Die Inkubation führt zu einem posteriorisierenden, dorsalisierenden bzw. ventralisierenden Effekt auf die jeweilige Orientierung der behandelten Zysten.
Die Zystenformation, Zellentwicklung und -differenzierung werden qualitativ analysiert und quantifiziert anhand von Immunfluoreszenz, Konfokalmikroskopie, PCR und In-situ-Hybridisierung.
Resultate
Unter einem definiertem Medium wachsen die ESC in der Matrix unter der Formation von rundlichen Zystenstrukturen mit einem zentralen Lumen. Mittels RA-Behandlung werden sie kaudalisiert auf ein cervikales Niveau der sich entwickelnden neuralen Achse. Diese kaudalisierten Zysten können entlang der dorsoventralen Achse des RM ausgerichtet werden. Nach Inkubation mit Shh entwickelten sich ventrale Interneurone und Motoneurone. Unter der Behandlung mit dorsalisierenden Morphogenen wie BMP’s und Wnt’s entstehen sensorische Vorläuferzelltypen. Über eine Zusammenführung bzw. Fusion dieser verschiedenen Zystentypen kann die Entwicklung von polarisierten Zysten mit definierter dorsoventraler Polarität und einer räumlichen Orientierung der Zellen im 3D Zystenmodell erfolgen.
Zusammenfassung
Bis zum aktuellen Zeitpunkt gelang die Etablierung eines 3D Zystenkulturmodells aus murinen ESC, welches eine räumliche und zeitliche neuroepitheliale Entwicklung des Neuralrohres ‘in vitro‘ nachahmt.
Die ependymalen, tubenähnlichen Aggregate exprimieren embryonale Antigene und reagieren auf lokotypische Morphogene mit neuronaler Spezifizierung und der Formation von neuralem Gewebe. Diese transplantierbaren Aggregate sollen die regenerative Fähigkeit von verletztem Gewebe des ZNS anregen, axonales Wachstum verstärken und eine Regeneration des verletzten RM ermöglichen.
Um Verhalten und Integration dieser neuroepithelialen Zysten ‘in vivo‘ zu untersuchen, planen wir die Implantation dieser Zysten in einem Modell eines verletzten Rückenmarks von Nagetieren. Untersucht werden sollen Tumorigenität, axonales Wachstum in verschiedenen Matrizen, zelluläre und histologische Integration, funktionelle Verbesserung und maximales Ausmaß einer zu überbrückenden Läsion.
Referenzen
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