Benutzerspezifische Werkzeuge

Von der Regionalanästhesie profitieren Patienten wie Kliniken

8. Mai 2009: Anästhesist des Uniklinikums erhält Wissenschaftspreis für Wirtschaftlichkeitsanalyse des Anästhesieverfahrens

Prof. Axel Heller, leitender Oberarzt an der Klinik und Poliklinik für Anästhesiologie und Intensivtherapie des Universitätsklinikums Carl Gustav Carus Dresden, erhält an diesem Sonnabend (9. Mai) den August-Bier-Preis der Deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin (DGAI). Der Forschungspreis wird dem Arzt und Wissenschaftler im Rahmen der Eröffnungsfeier des Deutschen Anästhesiekongresses 2009 im Leipziger Congress Center überreicht. Prof. Heller analysierte in seiner Arbeit die wirtschaftlichen Effekte der Nutzung regionaler Anästhesiever-fahren bei Patienten, die sich größeren Operationen unterziehen mussten, zum Beispiel die Entfernung der Prostata oder Teilen des Dickdarms. Er kommt dabei zu dem Schluss, dass die etwas zeitaufwändigere Kombination der Allgemeinanästhesie mit Regionalkatheterverfahren bei größeren Eingriffen die Effizienz der Krankenhausbehandlung deutlich erhöht. Die Gründe liegen in geringeren Komplikationsraten und der weniger aufwändigen Nachbetreuung der Operierte bei gleichzeitig höherem Patientenkomfort: Nach einer alleinigen Vollnarkose müssen fünf Mal mehr Operierte beatmet und intensivmedizinisch betreut werden. Auch leiden Patienten im Nachgang oft an Müdigkeit und Übelkeit, so dass sie die Regionalanästhesie als deutlich weniger belastend empfinden. Die Ergebnisse seiner Untersuchung veröffentlichte Prof. Heller in der Mai-Ausgabe der vom Springer-Verlag herausgegebenen Zeitschrift „Der Anaesthesist“.

Um die Schmerzempfindung der Patienten während einer Operation zu unter-binden, nutzen Anästhesisten zunehmend vorübergehende Blockaden der Nerven an Rücken, Arm oder Bein. Prof. Heller hat in seiner wissenschaftlichen Arbeit die Wirtschaftlichkeit dieser Verfahren untersucht. Dazu nutzte er die bundesweit abrechnungsrelevanten Daten des Instituts für Entgeltsysteme im Krankenhaus (InEK). Der Vergleich von Zahlen 300 deutscher Krankenhäuser mit denen des Dresdner Universitätsklinikums zeigt die Win-Win-Situation, die sich aus dem verstärkten Einsatz der Regionalanästhesie ergibt: "Der am Universitätsklinikum um den Faktor fünf bis zehn höhere Nutzungsgrad dieser Anästhesieverfahren trägt zu einer besseren Wettbewerbsposition bei", sagt Prof. Heller. Er fand heraus, dass je nach Zahl der Eingriffe der Gesamtaufwand eines Krankenhauses pro OP-Art um jährlich bis zu einer halben Million Euro sinkt. Das Investment einer auf Regionalanästhesie basierten Schmerztherapie lasse sich damit bei Weitem kompensieren. Dieser betriebswirtschaftliche Effekt verstärkt sich noch durch die höhere Patientenzufriedenheit. "Das Universitäts-klinikum hat die über mehrere Jahre angelegte Untersuchung auch deshalb unterstützt, um genaue Aufschlüsse über die Effekte des modernen OP-Managements zu erhalten. Die Ergebnisse der jetzt ausgezeichneten Forschungsarbeit bestätigen unseren bereits vor mehr als fünf Jahren eingeschlagenen Kurs, durch Innovationen nicht nur die Qualität in der Krankenversorgung weiter zu verbessern, sondern auch die betriebswirtschaftliche Effizienz zu erhöhen", sagt Prof. Michael Albrecht, Medizinischer Vorstand des Universitätsklinikums.

Dank der Regionalanästhesie müssen deutlich weniger Patienten nach großen Operationen intensivmedizinisch betreut werden. Die von Prof. Heller ausgewer-teten Zahlen von 775 Patienten des Dresdner Uniklinikums zeigen beispielsweise, dass bei den sieben untersuchten Eingriffsformen das Risiko einer Beatmung nach der Operation durchschnittlich auf weniger als ein Fünftel gesunken ist. Bei großen Magen-, Gebärmutter- oder Prostataoperationen war dies in keinem Fall notwendig. Die Notwendigkeit einer intensivmedizinischen Nachbetreuung reduzierte sich durch die Regionalanästhesie auf gut ein Drittel. Die dadurch verringerte Auslastung der Intensivstation nutzte das Universitätsklinikum, um die Zahl seiner größeren Eingriffe zu erhöhen. Betriebswirtschaftlich noch entscheidender sind jedoch die Folgekosten einer OP: Da die Patienten nach einer Regionalanästhesie schneller genesen und weniger intensiv betreut werden mussten, sank die Verweildauer und die damit verbundenen Personalkosten ebenso wie der Verbrauch an Medikamenten und anderen medizinischen Materialien. Die enge Abstimmung der Regionalanästhesiekonzepte mit den Operateuren ist mittlerweile unverzichtbarer Bestandteil sogenannter klinischer Behandlungspfade. Letztlich wirken sie, so Prof. Heller in seinem Beitrag „Regionalanästhesie als Wettbewerbsvorteil im Krankenhaus", als "Treiber für den Gewinn".

August-Bier-Preis der DGAI
Der Preis der Deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin erinnert an den Pionier der Regionalanästhesie, August Karl Gustav Bier (1861 bis 1949). Nach ersten Erfahrungen als Land- und Schiffsarzt wurde er 1888 Assistent in der Chirurgischen Universitätsklinik Kiel. Bereits mit 28 Jahren habilitierte Bier sich dort und begann seine Versuche zur Lokalanästhesie. Hierzu injizierte er eine Kokain-Lösung direkt in den Rückenmarkskanal. Der US-Amerikaner James Leonard Corning hatte 1885 bereits ähnliche Versuche un-ternommen und Kokain in rückenmarksnahe Strukturen eingespritzt. Heute schreiben Medizinhistoriker Corning die Schaffung der experimentellen und theoretischen Voraussetzungen für die Spinalanästhesie zu, Bier dagegen die erfolgreiche Etablierung des Verfahrens in der Klinik.


Kontakt:
Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden
Klinik und Poliklinik für Anästhesiologie und Intensivtherapie
Prof. Axel Heller
Tel. 0351 458-13703
Fax 0351 458-4336
E-Mail: axel.heller@uniklinikum-dresden.de
www.anaesthesie-dresden.de