Benutzerspezifische Werkzeuge

Verbesserungen nach einem Gelenkersatz

Der künstliche Hüftgelenkersatz gehört zu den erfolgreichsten Operationsverfahren in der modernen Medizin. Voraussetzungen für ein gutes Ergebnis sind die richtige Auswahl des Verfahrens, ein erfolgreicher Operationsverlauf, die enge Kooperation aller Beteiligten in der Nachbehandlung und ein angemessenes Verhalten des Patienten selbst. Sind diese Voraussetzungen gewährleistet, kann oft eine deutliche Schmerzverbesserung bzw. sogar Schmerzfreiheit, eine wirksame Verbesserung unterschiedlichster Funktionen sowie eine Wiederherstellung der Lebensqualität insgesamt erreicht werden. Dazu gehören nach abgeschlossener Erholungszeit auch die

  • Fähigkeit zur verbesserten Fortbewegung: in der Regel sind längeres Gehen und Wandern bzw. Radfahren und Benutzung von PKW sowie öffentlichen Verkehrsmitteln wieder deutlich besser möglich als vor der Operation.

    Nordic Walking
  • Erleichterung beim Anziehen und bei der Körperpflege: Mit einer Verbesserung der Beweglichkeit ist es oft wieder möglich, z.B. Socken und Schuhe anzuziehen bzw. die Fußpflege (Schneiden der Zehennägel) selbst vorzunehmen. Dies kann jedoch längere Zeit in Anspruch nehmen, da in den ersten 6 Wochen nach einer Operation die Beugefähigkeit des Hüftgelenkes beschränkt ist. In Abhängigkeit von der Weichteilspannung können auch längerfristige Einschränkungen gerade bei der Fußpflege verbleiben.
  • Teilnahme an sinnvollen sportlichen Aktivitäten: Viele Patienten erwarten sich von deiner Gelenkersatzoperation eine Verbesserung ihrer Teilnahme an sportlichen Aktivitäten. In einem der folgenden Kapitel (Mein Leben mit dem Kunstgelenk – auf was ist zu achten?) werden geeignete und weniger geeignete Sportarten ausführlich beschrieben. Grundsätzlich gilt, dass mit oft bestehender Verbesserung von Schmerzen und Funktionsstörungen nach der Operation auch sportliche Aktivitäten wieder aufgenommen oder fortgeführt werden können. Dabei sind jedoch weitere Einflußfaktoren auf die Sportfähigkeit insgesamt realistisch zu berücksichtigen: dazu gehören insbesondere das Lebensalter, die bisher gesammelte Erfahrung in einer Sportart und vor allem auch die Dauer einer vor der Operation eventuell nicht mehr bestandenen Sportfähigkeit. Je länger kein Sport ausgeübt wurde, je schwieriger kann die Rückkehr sein. Dennoch ist von ärztlicher Seite die Teilnahme am Sport unter den zu beachtenden Rahmenbedingungen (siehe unten) nahezu immer zu unterstützen.

    Radfahren
  • Verbesserung in sonstigen Bereichen: Patienten haben in Abhängigkeit von ihrer jeweiligen Problemsituation oft sehr unterschiedliche Erwartungen an ein verbessertes Ergebnis nach dem Gelenkersatz. Dazu gehört beispielsweise die Beseitigung von Schmerzen beim Geschlechtsverkehr, eine wieder mögliche Teilnahme an gesellschaftlichen Aktivitäten oder die Verbesserung ihrer Einsatzmöglichkeiten in Beruf, Haushalt und Freizeit insgesamt. Häufig ergeben sich in diesen Bereichen wirksame Verbesserungen. Es sollte aber immer versucht werden, die individuellen Wünsche und Erwartungen im gemeinsamen Arztgespräch vor dem Eingriff zu thematisieren, damit der Operateur auf die individuelle Situation eingehen kann und eine Beratung über realistische Ziele möglich ist. 

Risiken und Komplikationsmöglichkeiten beim Hüftgelenkersatz

Wie die Einnahme von Medikamenten mit möglichen Nebenwirkungen verbunden ist, so bestehen auch beim künstlichen Gelenkersatz besondere Risiken. Im Folgenden sind die wesentlichen Gefahren aufgelistet, über die ein Patient grundsätzlich informiert sein sollte. Wo dies möglich ist, erfolgt eine Angabe, mit welcher statistischen Häufigkeit mit dem Eintreten einer Komplikation gerechnet werden muss. Auch wenn es glücklicherweise insgesamt relativ selten zu diesen Schäden kommt, ist es im individuellen Einzelfall nie möglich, die persönliche Gefahrenlage genau abzuschätzen. Deshalb ist von besonderer Bedeutung, wesentliche Sorgen und Bedenken im Arztgespräch zum Ausdruck zu bringen.

    • Entzündung und Vereiterung: Trotz höchster Sicherheitsmaßnahmen ist jede Einbringung künstlicher Implantate in den Körper mit dem Risiko einer Entzündung (Infektion) verbunden, weil von außen kommende wie auch im Körper selbst befindliche Krankheitserreger (Bakterien) sich gerne an die Oberfläche von Fremdkörpern anhaften. Übersteigt die Bakterienansammlung eine kritische Grenze, kann es zur Ansammlung von Eiter um das Kunstgelenk kommen. Dieses Risiko besteht nicht nur in den ersten Wochen nach der Operation (sogenannte „frühe Infektion“) sondern über die gesamte Tragezeit und kann auch in späteren Jahren auftreten („späte Infektion“). Begünstigt wird das Auftreten einer Infektion durch vorbestehende Erkrankungen mit Schwächung der Abwehrkräfte (z.B. Diabetes mellitus oder rheumatische Erkrankungen) und Entzündungsherde an anderen Körperstellen (z.B. eitrige Zähne oder Zehennägel). Auch massives Übergewicht erhöht das Risiko.
      Die Behandlung hängt vom Zeitraum des Auftretens ab: in frühen Phasen kann die alleinige Spülung des Kunstgelenkes noch ausreichen, später ist in der Regel ein zeitweiser Ausbau der Prothese notwendig. Immer muss die Behandlung von einer Antibiotika-Gabe begleitet werden.
      Das Risiko einer Entzündung bzw. Vereiterung ist glücklicherweise gering und betrifft nur ein bis zwei von hundert operierten Patienten. In den meisten Fällen kann mit mehr oder weniger aufwendiger Behandlung eine Ausheilung erreicht werden, aber es können auch dauerhafte Schäden verbleiben.

      Neu aufgetretene Wundentzündung mehrere Jahre nach künstlichem Hüftgelenkersatz
      Neu aufgetretene Wundentzündung mehrere Jahre nach künstlichem Hüftgelenkersatz
    • Blutgerinnsel (Thrombose und Embolie): Alle Operationen an Hüft- und Kniegelenk bergen das Risiko einer Blutgerinnsel-Bildung. Verbleibt das Gerinnsel in den Blutgefäßen der Beine, spricht man von einer Thrombose, bei Verschleppung in Herz und Lunge handelt es sich um eine Embolie. Ein Teil der Fälle heilt ohne wesentliche Krankheitssymptome aus, aber auch ernsthafte Kreislaufstörungen bis hin zu seltenen Todesfällen sind möglich. Um diese Komplikation zu vermeiden, erfolgt eine frühzeitige Bewegung nach der Operation sowie eine zusätzliche Vorbeugung mit Medikamenten zur Verlangsamung der Blutgerinnung (sogenannte „Anti-Thrombotika“). Da ohne diese Medikamente etwa jeder zweite Patient eine Thrombose erleiden würde, ist Verabreichung unbedingt erforderlich. Damit läßt sich das Risiko erheblich senken und nur etwa ein bis zwei von hundert Patienten entwickeln heute noch eine ernsthafte Thrombose. Eine Embolie ist noch wesentlich seltener.
    • Nervenschaden: Wichtige Nerven, die für die kraftvolle Bewegung und das Berührungsempfinden von Bein und Fuß verantwortlich sind, verlaufen sehr nahe am Hüftgelenk. Während der Operation kann es durch unbeabsichtigten Druck oder Zug zu einer Schädigung dieser Nerven kommen. Mögliche Symptome sind Lähmungserscheinungen (z.B. eine Unfähigkeit zum Heben des Fußes) oder Gefühlsstörungen. Die Gefahr von Nervenschäden ist dann besonders groß, wenn eine starke Verlängerung des Beines erforderlich ist oder Vorerkrankungen die Empfindlichkeit der Nerven erhöhen (z.B. Bandscheibenschäden und Diabetes mellitus). In besonderen Fällen kann bereits eine geringe Verdrehung des Beines, wie sie für die Einbringung des Kunstgelenkes immer notwendig ist, zu einem Nervenschaden führen. Ernsthafte Beeinträchtigungen treten bei maximal einem von hundert Patienten auf. Glücklicherweise sind viele Störungen nicht dauerhaft und die Symptome bilden sich unter entsprechender Behandlung wieder zurück.

    • Verletzung von Blutgefäßen und Nachblutung: Im Rahmen einer Operation kann es immer zu Verletzungen von kleinen oder auch größeren Blutgefäßen kommen, die in der Nähe des Hüftgelenkes verlaufen. Auch die nach dem Eingriff durchgeführte Hemmung der Blutgerinnung mit Anti-Thrombotika kann dazu führen, dass sich trotz bester Blutstillung während der Operation eine Nachblutung entsteht. In seltenen Fällen muss ein Bluterguss nochmals entfernt und eine neuerliche Blutstillung vorgenommen werden (etwa bei einer von hundert Operationen). Häufiger ist dagegen die notwendige Verabreichung einer Blutkonserve, wenn ein Blutverlust während des Eingriffs zu einer Schwächung des Kreislaufs führt.

    • Beinlängenunterschied: Etwa die Hälfte aller Menschen weist eine Ungleichheit der Beinlänge auf und nur relativ wenige bemerken dies. Auch vor einer Operation kann wegen der Zerstörung des Hüftgelenkes bereits ein Beinlängenunterschied bestehen. Im Rahmen des Hüftgelenkersatzes wird immer versucht, eine möglichst gleiche Beinlänge zu erzielen. Dennoch kann nach dem Eingriff eine Verlängerung oder seltener auch eine Verkürzung des operierten Beines vorliegen. Wenn der Unterschied mehr als einen halben Zentimeter beträgt, kann – in Abhängigkeit von der klinischen Untersuchung – ein Ausgleich notwendig werden. Dies läßt sich meist mit einer Einlage oder einer Absatzerhöhung am Konfektionsschuh bewerkstelligen.

    • Auskugelung des Hüftgelenkes: Weil das künstliche Hüftgelenk nie vollständig die Anatomie des eigenen Gelenkes nachbilden kann und die stabilisierende Kapsel während der Operation eröffnet und häufig sogar entfernt werden muss, kann es nach dem Eingriff zur Auskugelung kommen.
      Begünstigt wird die Auskugelung unter anderem durch eine schlechte Weichteilspannung und fehlende Muskelkraft (insbesondere im höheren Lebensalter) sowie frühere Operationen. Auch Extrembewegungen oder eine falsche Platzierung von künstlicher Pfanne bzw. Schaft kann  die Stabilität gefährden. Deshalb begrenzt man den Bewegungsumfang in den ersten sechs Wochen nach der Operation, bis sich eine neue Kapsel gebildet hat. In dieser Zeit sollten gefährliche Positionen (z.B. ein Verdrehen / Überkreuzen der Beine und eine mehr als rechtwinkelige Beugung des Hüftgelenkes) vermieden werden.
      Bei frühzeitig auftretender Auskugelung ist oft eine konservative Behandlung ausreichend (Vermeidung gefährlicher Bewegungen und ggf. Tragen einer Schiene). Kommt es mehrfach zur Auskugelung, besteht eine ungünstige Position der Prothesenteile oder tritt die Auskugelung erst viele Jahre nach der Operation auf, kann ein nochmaliger Eingriff zur Korrektur notwendig werden.
      Auskugelung der Prothese
      Auskugelung der Prothese

Auskugelung der Prothese










    • Knochenbruch: Mit und ohne künstlichem Hüftgelenk kann es bei Stürzen zu einem Bruch des Oberschenkels kommen. Die Einbringung der Prothesenteile während der Operation kann aufgrund des notwendigen Druckes ebenfalls in seltenen Fällen (ein bis zwei von hundert Operationen) einen Knochenbruch herbeiführen. Die Gefahr ist bei der zementlosen Verankerung etwas höher als bei der zementierten, da  ohne Zement ein größerer Formschluss nötig ist und höhere Drücke bei der Einbringung auftreten. Kommt es bereits in der Operation zum Bruch, kann die Einbringung eines Fixierungs-Drahtes um den Knochen notwendig sein. Bei später auftretendem Bruch ist häufig ein größerer Eingriff mit Verplattung oder gar Wechsel der Prothese erforderlich.

      Knochenbruch im Bereich einer fest eingewachsen Prothese mehrere Jahre nach der Operation und Behandlung mittels Verplattung des Oberschenkels
      Knochenbruch im Bereich einer fest eingewachsen Prothese mehrere Jahre nach der Operation und Behandlung mittels Verplattung des Oberschenkels


    • Verknöcherung der Prothesen-nahen Weichteile: In Operationswunden kann der Körper in den ersten zwei bis drei Monaten nach dem Eingriff Kalk ablagern. In Abhängigkeit von der Ausprägung behindern die entstehenden Verknöcherungen möglicherweise die Beweglichkeit. Vorbeugend werden in den ersten zwei Wochen nach der Operation entzündungshemmende Medikamente gegeben (bzw. erfolgt eine Bestrahlung, wenn die Medikamente nicht vertragen werden). Unter diesen Maßnahmen ist das Risiko sehr selten geworden. Die Häufigkeit beeinträchtigender Verknöcherungen liegt bei weniger als einer von hundert Operationen. In ausgeprägten Fällen kann eine nochmalige Operation mit Entfernung der Verkalkung notwendig sein.
      Verkalkung nach HTEP.jpg
      Ausbildung einer Verkalkung am Schenkelhals 6 Monate nach künstlichem Hüftgelenk
    • Lockerung der Prothese und Materialverschleiß: Wenn es in seltenen Fällen nicht zum knöchernen Einwachsen der Prothese kommt, kann ein frühzeitiger Austausch notwendig werden. Gleiches gilt für künstliche Hüftgelenke, bei denen nach vielen Jahren des festen Sitzes eine Lockerung auftritt. Diese kann insbesondere durch die Freisetzung von Abriebteilchen aufgrund von Materialverschleiß verursacht sein. Die heute verwendeten Materialien bergen nur noch ein geringes Abrieb-Risiko, dennoch wird in seltenen Fällen dadurch eine zuvor feste Knochenverankerung zerstört. Brüche von Prothesenbestandteilen sind extrem selten geworden und treten – wenn überhaupt – meist im Zusammenhang mit einer Lockerung auf. Das Risiko für Prothesenlockerung und Materialverschleiß nimmt grundsätzlich im Verlauf der Zeit zu. In den ersten zehn Jahren nach der Operation müssen maximal vier bis fünf von hundert Prothesen deshalb ausgewechselt werden, nach zwanzig Jahren kann sich diese Zahl verdoppeln.

    • Allergie: Bei etwa zehn Prozent aller Menschen (zehn von hundert) besteht eine Allergie gegen Metallbestandteile (z.B. Nickel). Ist eine solche Allergie bekannt, vermeidet man den Einbau von Prothesen, die diese Materialien enthalten. Es ist zwar bis heute umstritten, ob es tatsächlich zu Problemen aufgrund einer Allergie kommen kann. Dennoch sollte der Arzt über das Vorliegen von Allergien informiert werden, damit er gegebenenfalls über alternative Materialien entscheiden kann. Wenn immer möglich, werden dann zementfreie Prothesen eingesetzt, weil diese in der Regel aus Titan bestehen und es kaum Allergien gegen Titan gibt.

    • Weiterbestehen von Beschwerden: Bei einem relativ kleinen Teil der versorgten Patienten bestehen nach der Operation weiterhin Beschwerden. Neben den bereits genannten Komplikationsmöglichkeiten kann es sich hierbei auch um Weichteil-Probleme (z.B. Schleimbeutelentzündung, Sehnenreizung) oder Schmerzen letztlich ungeklärter Ursache handeln. Insgesamt sind etwa 10 von 100 operierten Patienten mit dem erreichten Ergebnis nicht vollständig zufrieden. Dies bedeutet zwar, daß bei jedem zehnten Patienten die Operation nicht wirklich erfolgreich sein muss. Andererseits aber profitieren damit 9 von 10 operierten Patienten durch den Eingriff.

Wie lange halten künstliche Hüftgelenke?

Die heute verwendeten Implantat-Materialien haben eine sehr hohe Haltbarkeit. Dennoch kommt es aufgrund gelegentlich auftretender Komplikationen (siehe oben) immer wieder einmal zum notwendigen Ausbau eines künstlichen Hüftgelenkes. Die Häufigkeit dieser Wechseloperationen nimmt mit der Zeit zu: Während in den ersten Tagen nach der Operation noch alle Gelenke funktionieren, müssen wegen verschiedenen Ursachen (vor allem Entzündungen, Auskugelungen und Lockerungen) in den Folgejahren Wechseloperationen durchgeführt werden. Statistisch betrachtet, verliert pro Jahr etwas weniger als ein Patient von 100 Patienten dadurch sein künstliches Hüftgelenk. 20 Jahre nach der Operation funktionieren deshalb noch etwa 80 – 85 Kunstgelenke von ursprünglich 100 operierten Patienten, wie folgende Abbildung zeigt:

Hüftschule_Überleben nach TEP
Anteil gewechselter und noch funktionierender künstlicher Hüftgelenke im Verlauf der Zeit


Damit ist eine individuelle Antwort auf die oft gestellte Frage „Wie lange hält ein künstliches Hüftgelenk?“ nicht möglich. Man kann nur sagen, dass es mit einer Wahrscheinlichkeit von 80-85% über die ersten 20 Jahre nach der Operation hält und sogar längere Standzeiten möglich sind. Ob der individuelle Patient zu denjenigen gehört, deren Gelenk langfristig gut funktioniert oder zu denjenigen, bei denen eine frühzeitige Wechseloperation durchgeführt werden muss, lässt sich im Einzelfall nicht  vorhersagen.