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Nichtoperative Therapie der Kniegelenksarthrose

Information und Aufklärung

Patienten mit Arthrose, die gut über ihr Krankheitsbild informiert sind, machen sich weniger Sorgen, ertragen vorhandene Beschwerden besser und entwickeln effektive Methoden, um mit der Krankheit umzugehen. Betroffene sollten sich daher umfassend über ihre Erkrankung informieren. Dazu gehört in erster Linie die ärztliche Beratung über Risikofaktoren, den natürlichen Verlauf der Arthrose und dessen Beeinflussbarkeit durch konservative bzw. operative Therapien. Vom behandelnden Physiotherapeuten können wichtige Hinweise für das Verhalten im Alltag gegeben werden. Wichtig ist, dass neben allgemeingültigen Hinweisen immer auch der persönliche Anspruch und die alltägliche Belastung berücksichtigt werden.

Die Erklärung der Erkrankung und Besprechung der Behandlungsmöglichkeiten soll möglichst frühzeitig erfolgen. Damit erhält der Patient die Möglichkeit seine Behandlung auf Basis aller relevanten Informationen selbst zu steuern.


Die konservative Behandlung der Arthrose beginnt mit der Information über die Erkrankung. Betroffene können die Beschwerden durch Veränderungen ihrer Gewohnheiten beeinflussen, vor allem durch eine Gewichtsreduktion. Hervorzuheben ist die Hilfe zur Selbsthilfe: Ein tägliches Eigenübungsprogramm hilft die Symptome der Arthrose zu lindern. Ist dies nicht ausreichend, kommen Kombinationen von nicht-medikamentösen und medikamentösen Maßnahmen zur Anwendung. Einige der beschriebenen Medikamente werden von den gesetzlichen Krankenkassen nicht erstattet und müssen deshalb selbst bezahlt werden.

Verminderung der Belastung

Gehhilfen

Patienten möchten meist keine Gehhilfen in Anspruch nehmen. Wenn sie richtig genutzt werden, lässt sich damit jedoch die Gewichtsbelastung für das betroffene Kniegelenk deutlich reduzieren. Im Rahmen einer physiotherapeutisch angeleiteten Gangschule wird mit dem Patienten der bedarfsgerechte Einsatz der Gehhilfen geschult. Beim Gehen längerer Strecken können auch zwei Wanderstöcke zur Entlastung eingesetzt werden.

Optimierung des Körpergewichts

In Untersuchungen wurde gezeigt, dass Arthrosepatienten mit einer Kombination aus Übungsprogrammen und Diät sowohl eine Gewichtsnormalisierung als auch eine Linderung der Schmerzen und Verbesserung der Funktion erreichen können. Als Maß für die Bewertung des Körpergewichtes gilt der Body Mass Index (BMI). Er sollte möglichst unter 25 kg/m2 (Normalgewicht) liegen, aber zumindest 30 kg/m² (leichtes Übergewicht) nicht überschreiten.

Der eigene BMI kann sehr leicht errechnet werden:

Im Alltag sollten gemieden werden:

  • körperlich einseitige Belastung, z.B. zu langes Sitzen, zu langes Stehen,
  • übermäßige berufliche und sportliche Belastungen, z.B. Langstreckenlauf, Tennis oder Squash,
  • kniebelastende berufliche oder sportliche Aktivitäten, z.B. langes Hocken oder Knien,
  • Heben und Tragen von schweren Lasten, d. h. über 25 kg,
  • tiefe Sitzgelegenheiten, z.B. tiefer Sessel.

Anpassung sportlicher Tätigkeiten

Alle Sportarten, die über einen längeren Zeitraum ausgeübt werden und wiederholt auftretende Stöße mit hohen Spitzenkräften beinhalten, sind ungünstig. Dies gilt für bestimmte Ballspiele (z.B. Fußball) und Sprungsportarten, aber auch übermäßige Laufbelastungen.

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Regelmäßiger gelenkschonender Sport unterstützt die muskuläre Stabilisierung und Beweglichkeit der Gelenke.
 


Günstig wirken sich folgende Sportarten auf Arthrosebeschwerden am Kniegelenk aus:

  • Fahrradfahren oder Ergometer-Training,
  • Schwimmen,
  • Nordic-Walking, Wandern,
  • Bergwandern (Abstützen auf Wanderstöcken beim Bergabgehen, Vermeidung langer Abstiege),
  • Tanzen,
  • Golf,
  • Gymnastik, z.B. professionell geleitete Kniesport-Gruppen.

Anpassung beruflicher Belastung

Bei hoher beruflicher Belastung sind entsprechende Unterstützungsmaßnahmen sinnvoll. Bei Bedarf sollten Patienten mit ihrem Rentenversicherungsträger Kontakt aufnehmen, um ein Beratungsangebot zu erhalten.

Hinweise zur Ernährung

Es gibt eine Vielzahl von Theorien und Empfehlungen, die sich mit dem Einfluss von Ernährung auf Verlauf und Beschwerden der Arthrose befassen. Leider gibt es kaum wissenschaftliche Studien, die eine eindeutige Wirksamkeit unterschiedlicher Empfehlungen belegen. 

Die ausgewogene Ernährung mit reichlich Gemüse und Obst, mäßig tierischen Lebensmitteln und ausreichender Flüssigkeitszufuhr scheint einen günstigen Einfluss auf den Gelenkstoffwechsel zu haben. Darüber hinausgehende Empfehlungen, die immer wieder genannt werden, sollen kurz zusammengefasst werden:

Empfohlene Lebensmittel bei Arthrose:

Generell ist der Genuss von Obst, Salaten und Gemüse zu empfehlen, wobei aber der übermäßige Verzehr insbesondere von Zitrusfrüchten und Tomaten vermieden werden soll. Bei Milchprodukten muss auf einen möglichst geringen Fettgehalt geachtet werden (Magermilch, Magerquark und fettarmer Käse). Günstig auf den Fettstoffwechsel wirkt sich der Verzehr von Kaltwasserfischen (z.B. Barsch, Kabeljau, Forelle, Heilbutt, Tintenfisch) aus. Das gleiche gilt für kaltgepresste Öle (z.B. Olivenöl). Von den Protagonisten der Übersäuerungstheorie wird auf positive Effekte von Kräutertee und grünem Tee hingewiesen.

Empfehlungen zu mäßigem Genuss von Lebensmitteln:

Der übermäßige Verzehr von Fleisch und Wurst beeinflusst Arthroseschmerzen negativ. Tierische Fette insgesamt (auch Butter, Sahne, Vollfettkäse, Eigelb) sowie fetter Fisch (z.B. Aal, Lachs und Hering) sollten zurückhaltend genossen werden. Gleiches gilt für Zucker, Süßigkeiten und Alkohol.

Orthopädietechnische Maßnahmen

Kniebandagen können bei wiederkehrenden Gelenkergüssen und Schwellungen zum Einsatz kommen. Bei Abweichungen der Beinachse kann eine Entlastungsorthese am Kniegelenk die Kraftverteilung positiv beeinflussen und die Beschwerden lindern. Schuhe mit flexiblen, stoßdämpfenden Sohlen und ggf. Schuhzurichtungen können hilfreich sein.

Physiotherapeutische Maßnahmen

Die Physiotherapie umfasst die Bewegungstherapie und die Maßnahmen der physikalischen Therapie. Innerhalb der Bewegungstherapie finden sich unterschiedlichste krankengymnastische Techniken. Die Anforderungen an den Physiotherapeuten bestehen darin, diese Techniken individuell an den jeweiligen Patienten, seinem Krankheitsbild und Symptome anzupassen. Dazu bedarf es im Vorfeld der Behandlung einer umfassenden Untersuchung. Auf Basis der ermittelten Befunde wird ein Behandlungskonzept erarbeitet, um die normalen Körperfunktionen wiederherzustellen, zu erhalten oder mit dem Patienten gemeinsam Kompensationsmechanismen zu erarbeiten.

Bewegungstherapie

Beweglichkeitstraining, Kräftigungs-, Dehnungs- und Gleichgewichtsübungen, Bewegungsbad, Laufbandtraining oder Tai Chi erzielen eine Verbesserung der Beweglichkeit und Belastbarkeit des betroffenen Kniegelenkes, lindern Schmerzen und erhöhen die Lebensqualität der Patienten. Damit die erreichten Verbesserungen nicht nur von kurzer Dauer bleiben, sollten Bewegungstherapien regelmäßig in Form eines Eigenübungsprogrammes durchgeführt werden. Die Dresdner Knieschule bietet speziell auf die Kniegelenksarthrose abgestimmte Übungen in verschiedenen Schwierigkeitsgraden. Die Dresdner Knieschule kann als Broschüre bestellt oder auf der Internetseite der Dresdner Schule für Orthopädie und Unfallchirurgie eingesehen werden.


Kniesport-Gruppen und Reha-Sport

Viele Patienten trainieren lieber in Gruppen, als allein zu Hause. Für sie bieten sich Kniesport-Gruppen an, die von ambulanten Reha-Zentren und Sportvereinen angeboten werden. Ein interessantes Angebot stellt auch der sogenannte Reha-Sport dar. Hausärzte und behandelnde Orthopäden können diese Bewegungstherapie unabhängig vom Budget verordnen. Eine Verordnung umfasst 50 Trainingseinheiten á 45 Minuten, die ein- oder zweimal wöchentlich zu absolvieren sind. Unter Anleitung geschulter Sporttherapeuten wird z.B. im Gymnastikraum mit Gummibändern und Bällen trainiert.


Manuelle Therapie

Die Manuelle Therapie ist eine spezielle krankengymnastische Technik, die intensive Mobilisationstechniken für das Gelenk (manchmal mit Hilfe von Gurtsystemen) und Weichteiltechniken zum Lösen von Verspannungen und Verklebungen der Gewebe umfasst. Oftmals bietet sich eine Kombination aus Kräftigungs- und Dehnungsübungen an. Auch hier sollte der Patient die erreichten Verbesserungen durch regelmäßige Eigenübungen unterstützen. Ein Manualtherapeut kann dem Patienten dazu spezielle Selbstmobilisationen zeigen.



Reizstromtherapie des Kniegelenkes
Physikalische Therapie

Maßnahmen der Massagetherapie, Elektrotherapie (Reizstrom, Ultraschall, Lasertherapie, Magnetfeldtherapie) und Hydrotherapie (Schlammpackungen) können die Arthrosebeschwerden lindern.

Medikamentöse Maßnahmen

Eine medikamentöse Behandlung der Arthrose ist dann sinnvoll, wenn ein aktivierter Entzündungs- oder Schmerzzustand zu Beeinträchtigungen führt. Zu den medikamentösen Behandlungsverfahren gehören Schmerzmedikamente, entzündungshemmende Medikamente und Präparate die den Knorpelstoffwechsel beeinflussen sollen.

Schmerzmedikamente (Analgetika)

Grundsätzlich sollte bei stärkeren Schmerzen die Einnahme eines Schmerzmedikamentes erwogen werden, um einer sekundär durch Schmerzen verstärkten Muskelverspannung und Bewegungseinschränkung zu begegnen. Die Auswahl eines geeigneten Schmerzmedikaments ist abhängig von der Schmerzstärke, aber auch von individuellen Faktoren (z.B. Alter, Begleiterkrankungen oder etwaige Allergien) und muss deshalb immer durch einen Arzt erfolgen.

Entzündungshemmende Medikamente

Da die Arthrose mit einer Entzündung verbunden ist, empfiehlt sich oft die Einnahme entzündungshemmender Medikamente. Diese sind in erster Linie die sog. nicht-steroidalen Antiphlogistika (z.B. Ibuprofen, Diclofenac) und COX-2-Hemmer. Der Einsatz dieser Substanzen muss in der geringstmöglichen, aber wirksamen Dosis erfolgen und eine Gabe über längere Zeiträume ist wegen entsprechender Nebenwirkungen zu vermeiden. Zum Schutz des Magen-Darm-Traktes werden diese Substanzen häufig mit einem Medikament zum Magenschutz (z.B. Protonenpumpen-Hemmer) verabreicht.

Auch die Behandlung mit Salben, die einen entzündungshemmenden Wirkstoff enthalten, ist sinnvoll. Aus klinischen Untersuchungen ist bekannt, dass nach lokaler Anwendung von Salben im Gewebe durchaus effektive Wirkstoff-Konzentrationen erreichbar sind. Damit können Salbeneinreibungen eine gute Begleittherapie oder auch eine Alternative zur Tabletteneinnahme darstellen.

Bei aktivierter Arthrose kann die direkte Verabreichung von Glukokortikoiden in das Gelenk (sogenannte intra-artikuläre Injektion) sinnvoll sein. Dabei punktiert der Arzt zunächst die entstandene Reizflüssigkeit zur Druckentlastung ab und spritzt dann eine Glukokortikoid-Substanz ein.

Präparate zum Knorpelschutz

Die intra-artikuläre Injektion von unterschiedlich aufbereiteten Bestandteilen des Knorpelstoffwechsels kann zur Schmerzlinderung beitragen. Entsprechende Substanzen werden als Slow Acting Drugs in Osteoarthritis (SADOA) bezeichnet, weil ihre Wirkung verzögert eintritt, aber ein längerfristiger Effekt erreicht werden kann.

Sonstige Medikamente

Es gibt eine Vielzahl von anderen Substanzen wie z.B. Vitaminpräparaten (u.a. Vitamin E), Phytotherapeutika (z.B. Weihrauch) oder Homöopathika, die immer wieder zur Arthrosebehandlung propagiert werden. Wissenschaftlich gesicherte Daten, die eine Wirksamkeit dieser Substanzen belegen, sind nicht in ausreichendem Umfang verfügbar.